In der nigerianischen Hauptstadt Abuja haben in den vergangenen Tagen islamistische Milizen öffentliche und militärische Einrichtungen angegriffen. Das berichtet das katholische Hilfswerk „Kirche in Not“ unter Berufung auf den katholischen Erzbischof von Abuja, Ignatius Kaigama.
Kaigama nannte drei Übergriffe innerhalb einer Woche: Kämpfer seien in ein Gefängnis in der Nähe des Hauptstadt-Flughafens eingedrungen und hätten dabei mehrere Führer der Terrorsekte Boko Haram befreit. Bei einer Attacke auf einen Militärstützpunkt am Rande Abujas seien mehrere Soldaten getötet worden. Auch die Garde, die für die Sicherheit des Regierungsviertels und des Präsidentenpalasts verantwortlich ist, sei während einer Patrouille überfallen worden, berichtet der Erzbischof.
Die Situation wertet er als „sehr ernst“. Die Bevölkerung befinde sich in großer Aufregung: „Abuja ist die Hauptstadt, und die sollte der sicherste Ort eines Landes sein.“ In der Vergangenheit habe es zwar Bombenanschläge gegeben, aber diese Art der Angriffe seien neu, sagt der Erzbischof: „Wir wissen nicht, woher die Angreifer kommen oder was als nächstes passiert.“
Zusammenhang mit den Wahlen 2023?
Die Milizen gingen sehr koordiniert vor, die Angriffe seien geplant und kein Zufall gewesen. Kaigama vermutet einen Zusammenhang mit den Präsidentschaftswahlen 2023, bei denen der bisherige Amtsinhaber Muhammdu Buhari nicht mehr antreten darf: „Die Menschen wollen Macht, und sie tun alles, was sie können.“
Die amtierenden Volksvertreter kritisiert der Erzbischof scharf: Sie hätten die Hauptstadt verlassen und sechs Wochen Parlamentsferien ausgerufen. „Man hätte erwarten können, dass die Politiker fieberhaft nach Lösungen für die aktuellen Probleme suchen würden. Aber sie sind unmittelbar nach den Attacken gegangen!“
Es bestehe jetzt die Gefahr, dass die Regierungspartei die Gewalt und die Instabilität in der Hauptstadt und anderen Regionen des Landes als Vorwand benutze, um die Wahlen auf unbestimmte Zeit zu verschieben, befürchtet Kaigama. Die Kirche rufe die Menschen auf, sich jetzt für die Wählerlisten registrieren zu lassen und das Land „über die Wahlurne zu verändern“.
„Es gibt keine Gleichbehandlung für Christen“
Angesprochen auf die Situation der Christen in Nigeria und Berichte über eine zunehmende Verfolgung antwortet der Erzbischof vorsichtig: „Wir können das nicht generalisieren, indem wir sagen, dass Christen verfolgt werden. Auch in der Regierungspartei sind Christen vertreten. Aber Verfolgung besteht nicht nur darin, Menschen zu töten, sondern auch die Dinge zugunsten einer bestimmten Gruppe zu manipulieren.“
Es handle sich vielmehr um eine „subtile Verfolgung“: „Es gibt keine Gleichbehandlung. Das Verhältnis von Christen und Muslimen in Nigeria ist 50/50, also sollte es eine gleichmäßige Verteilung der Ressourcen und Chancen geben. Die Menschen sollten sich in sensiblen politischen, wirtschaftlichen oder sicherheitsrelevanten Fragen einbezogen fühlen.“
Auch die Entscheidung der Regierungspartei, für die Präsidentschaftswahlen im kommenden Jahr zwei muslimische Spitzenkandidaten aufzustellen, werfe Fragen auf, sagt Kaigama: „Sie konnten im ganzen Norden Nigerias keinen einzigen Christen finden, der für das Amt des Vizepräsidenten geeignet ist?“