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Medienkritik

Weniger Splatter, dafür mehr Zeitgeist

Bunte Studenten-Truppe stößt auf hinterwäldlerischen Südstaaten-Kult: Die Horrorfilmreihe „Wrong Turn“ wird „woke“

Ob weiblicher Donnergott Thor, dunkelhäutige oder ostasiatisch aussehende britische Adlige im 16. Jahrhundert oder lesbische Titelheldinnen – kaum ein größeres Filmprojekt, das beim Publikum erfolgreich sein will, kommt noch ohne Diversität und Quoten-Erfüllung aus. Selbst wenn es inhaltlich noch so wenig Sinn ergibt. Keine noch so kleine Minderheit bleibt außen vor, hat man den Eindruck. Die siebenteilige Horrorreihe „Wrong Turn“ zeigt, wie sehr der Zeitgeist auch kleinere Produktionen beeinflusst.

Eine positive Überraschung

„Wrong Turn“, also das Original von 2003, war als Schauerfilm eine sehr positive Überraschung. Inhaltlich wurde zwar das Rad nicht neu erfunden, dennoch war der Film unterhaltsam und spannend. Gezeigt wurde, wie eine Gruppe Menschen in einem abgelegenen Waldgebiet in West Virginia eine falsche Abzweigung, also den namengebenden „wrong turn“, nimmt und nach einer Autopanne brutal von degenerierten und kannibalisch veranlagten Hinterwäldlern gejagt wird.

Eine einsame Hütte im Wald, weitab von der Zivilisation – das ist ein beliebtes Setting im Horrorfilm: auch in „Wrong Turn“ von 2003. (Foto: Pixabay)

Nach zwei Fortsetzungen 2007 und 2009 folgte mit dem vierten und fünften Teil ein Reboot der Reihe – das heißt, es wurde eine Hintergrundgeschichte erzählt, die dem bisher Bekannten widersprach. 2014 kam es mit „Wrong Turn 6: Last Resort“ zu einem zweiten Reboot. Nachdem es einige Jahre ruhig um die Reihe gewesen war, folgte 2021 eine weitere Fortsetzung, die nun schlicht „Wrong Turn“ (wie auch der Originalfilm) betitelt wurde. Es liegt somit erneut ein Reboot vor, der bereits dritte. Anders als der Titel vermuten lässt, handelt es sich nicht um eine Neuverfilmung des Originals. Es wird vielmehr eine gänzlich neue Geschichte erzählt.

Neuer Ort und neue Handlung

Diese bricht deutlich mit den Vorgängern. „Wrong Turn“ gehörte dem berüchtigten Splatter- Genre an, das heißt, man bekam neben nervenaufreibende Hetzjagden viel Blut zu sehen. Manche Ermordungen waren dabei sehr drastisch in Szene gesetzt und nichts für schwache Nerven. Da sah man etwa schon mal, wie eine Axt einen Schädel spaltete oder Gedärme aus dem Leib gerissen wurden.

Das ist nun Vergangenheit. Die Kannibalen wurden gestrichen, stattdessen stoßen die in den Appalachen bei einer Wanderung vom Weg abgekommenen Protagonisten auf einen nur „The Foundation“ genannten Kult, der abgewandt von der Gesellschaft in einer Waldsiedlung auf einem Hügel lebt. Auch die Gewalt wurde deutlich verringert, sodass der jüngste Teil der „Wrong Turn“-Reihe nun mehr eine Mischung aus Thriller und Schauerfilm darstellt. Damit wurden aber die bisherigen Merkmale der Reihe aufgegeben.

Ob man dies als „Verrat“ an der Reihe oder kreativen Neuanfang sieht, darf dabei jeder für sich selbst beantworten. Zumindest hatten die Macher den Mut, etwas Neues zu machen, und nicht den x-ten Aufguss desselben Themas vorzulegen. Weitaus schwerer als die veränderte Ausgangslage wirkt sich nun aber aus, dass der Film deutlich den derzeitigen Zeitgeist abbildet und politische Botschaften enthält.

„Diversität“ vom Reißbrett

So haben wir es bei den Hauptdarstellern mit einem sogenannten „interracial couple“ zu tun: Jen ist eine junge weiße Frau und blond, ihr Freund Darius ist Schwarzer – eine vor allem in der Werbung häufig anzutreffende Verbindung. An einer Stelle, wo man die beiden im Bett liegen sieht, träumt Darius davon, dass er in einer Welt leben möchte, wo nur die Leistung des Einzelnen zählt und nicht die Hautfarbe. Der Bezug zu gegenwärtigen, wiederholt durch die Medien gegangene Themen ist ersichtlich.

Begleitet werden Jen und Darius von zwei weiteren Pärchen: Das eine ist weiß und heterosexuell, das andere hingegen schwul und stellt eine weitere Mischbeziehung dar – der eine Partner sieht nahöstlich aus, der andere ostasiatisch. Eine im heutigen Amerika sicher eher selten anzutreffende Verbindung, die auch im Film nicht weiter erläutert wird. Hier sieht man deutlich, dass die Macher offenbar unbedingt möglichst viel sogenannte „Diversität“ im Film unterbringen wollten.

Der Reboot von „Wrong Turn“ enthält viel Regenbogen und „Diversität“. (Foto: Pixabay)

Allerdings ist das, was man in „Wrong Turn“ sieht, nicht das reale Amerika der Gegenwart, sondern ein Wunschbild. Die gezeigte Gruppe wirkt dabei einfach nicht authentisch. Man merkt sichtlich, dass sie auf dem Reißbrett der politischen Korrektheit gestaltet worden ist. Die Wahrscheinlichkeit, einer solch bunten Truppe tatsächlich irgendwo über den Weg zu laufen, dürfte wohl eher gering sein. Dabei waren bereits die früheren „Wrong Turn“-Teile ethnisch vielfältig ausgefallen, aber dort wirkte es eben noch glaubhaft, man dachte nicht groß darüber nach.

Gefahr aus den Wäldern – und der Vergangenheit

Die Handlung des jüngsten Teils wurde nun von West Virginia ins benachbarte Virginia verlagert. Das wirkt zunächst nebensächlich, hat aber durchaus seine Bedeutung. Unsere diversen Helden bewegen sich nämlich außerhalb der Wälder auch in einem gefährlichen, wenn nicht sogar für sie noch viel gefährlicheren Gebiet: So gelangt man anfangs in eine Kleinstadt, in der noch deutlich die Vergangenheit zu spüren ist – der Geist der Südstaaten.

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