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Im Blickpunkt

Wenn in Köln der Muezzin ruft

Stadt findet christlichen Dom altbacken, feiert aber muslimischen Gebetsruf als Zeichen der Toleranz und Religionsfreiheit – Kritiker warnen vor Islamisierung

Womöglich schon an diesem Freitag könnte vom Minarett der Großmoschee im Kölner Stadtteil Ehrenfeld zum ersten Mal der muslimische Gebetsruf erschallen. Die Stadt am Rhein hatte vor einem Jahr ein entsprechendes Modellprojekt ausgerufen. Demnach können Moscheegemeinden auf Antrag einen Muezzin einsetzen, um ihre Gläubigen zusammenzurufen. Zur Bedingung machte die Stadt eine begrenzte Lautstärke und eine maximale Dauer des Gebetsrufs von fünf Minuten.

„Allahu akbar“ in Uniform: Ein muslimischer US-Soldat beim Gebetsruf. (Foto: Lance Cpl. Derrick K. Irions/gemeinfrei)

Der Vorstoß stammt von der parteilosen Oberbürgermeisterin Henriette Reker – und ist äußerst umstritten. Dass der Ruf des Muezzin in Deutschland so selbstverständlich zu hören sein sollte wie Kirchenglocken, lehnten in einer Civey-Umfrage rund drei Viertel der Befragten ab. Knapp zwei Drittel waren sogar der Meinung, der Gebetsruf solle „auf keinen Fall“ auf ähnliche Weise zu hören sein wie christliche Glocken. Nun sorgen sich nicht nur viele Kölner, dass das „Allahu akbar“ bald schon zum normalen Ton gehören könnte. In mehreren deutschen Städten ist der öffentliche Gebetsruf bereits Alltag.

Eine Machtdemonstration

Islamismus-Experte und Buchautor Ahmad Mansour sieht im Muezzin-Ruf eine „Machtdemonstration des politischen Islam“. Für OB Reker ist die Genehmigung dagegen ein Zeichen von Toleranz und Religionsfreiheit. Der Islam sei seit vielen Jahren ein fester Bestandteil der deutschen Gesellschaft. „Wenn wir in unserer Stadt neben dem Kirchengeläut auch den Ruf des Muezzins hören, zeigt das, dass in Köln Vielfalt geschätzt und gelebt wird“, meint Reker. Dass der Gebetsruf nun ausgerechnet vom Minarett der umstrittenen Ditib-Moschee erklingt, stört Reker nicht.

Die Zentralmoschee in Köln-Ehrenfeld ist ein Projekt der Ditib, die dem türkischen Staat nahesteht. (Foto: © Raimond Spekking/CC BY-SA 4.0 via Wikimedia Commons)

Ditib als Träger der Moscheegemeinde in Ehrenfeld ist eng mit der staatlichen Religionsbehörde der Türkei verbunden und gilt als verlängerter Arm des islamisch-konservativen türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan in Deutschland. Die Eröffnung der Moschee vor vier Jahren geriet zum Triumphzug für Erdogan, der zu diesem Zweck nach Ehrenfeld gekommen war. Der Stadtteil im Nordwesten Kölns ist dicht besiedelt und hat einen hohen, für Kölner Verhältnisse aber nur durchschnittlichen Anteil an Migranten. Knapp jeder Zehnte Ehrenfelder ist türkischer Abstammung.

Offensive Glaubensbekundung

„Ich bezeuge, dass es keinen Gott gibt außer Allah. Ich bezeuge, dass Mohammed Allahs Gesandter ist“, ruft der Muezzin beim Gebetsruf vom Minarett. Dabei handelt es sich um eine deutlich offensivere Glaubensbekundung als es das Glockengeläut jemals sein könnte. Der Kölner Stadtverwaltung um Henriette Reker bereitet dies dennoch keine Kopfschmerzen. Ganz anders übrigens als der Kölner Dom: Der sollte nach Plänen, die im Frühjahr für Entsetzen sorgten und mittlerweile umgesetzt sind, aus dem Logo der Stadt verschwinden.

Der Kölner Dom mit der Hohenzollernbrücke. Die Stadt hat den Verweis auf das bedeutende Gotteshaus aus ihrem Logo entfernt. (Foto: Thomas Wolf/www.foto-tw.de/ CC BY-SA 3.0 via Wikimedia Commons)

Ausgerechnet das Weltkulturerbe Kölner Dom, der wohl bedeutendste Kirchenbau Deutschlands, ist Rekers Behörde ein Dorn im Auge. Das Logo, das auf rotem Grund zwei stilisierte Domspitzen zeigt, war vor rund 20 Jahren eingeführt worden. Laut einer Marktanalyse der Stadtverwaltung werde es heutzutage als „altbacken, sperrig, emotions­los und von oben herab“ empfunden und symbolisiere keine „lebenswerte, hochattraktive Metropole“. Als solche sieht Köln sich offenbar.

Islamisierung Europas

Einst wurde der Kölner Dom als deutsches Nationalsymbol gefeiert. Heute gilt er seiner Heimatstadt als altbacken und unattraktiv. Der Muezzin-Ruf dagegen, die offensive Werbung für den Islam, gehört für Reker und Co. dazu. Diese Schützenhilfe durch die Politik könnte fatale Folgen haben, befürchtet Islam-Experte Ahmad Mansour: „Die Konservativen fühlen sich bestätigt, sehen dies als einen wichtigen Schritt hin zur Islamisierung Europas und werden immer mehr fordern.“

Thomas Wolf

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