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Kommentar

Liberty City ist überall – auch in Deutschland

Politik will mit Waffenverbotszonen der Gewaltkriminalität Herr werden – Zustände in manchen Städten erinnern immer mehr an die Videospiel-Reihe „Grand Theft Auto“

Waffenverbotszone – alleine schon das Wort lässt einen schaudern. Vor allem, wenn einem bewusst wird, dass es nicht um Bagdad, Kabul oder Aleppo geht, sondern um Deutschland. In Frankfurt am Main nämlich hat die CDU kürzlich vorgeschlagen, in der Innenstadt eine solche Zone einzurichten. Die Christdemokraten meinen, damit für mehr Sicherheit sorgen zu können. Soziale Probleme, die sich nicht selten in Gewalt entladen, gibt es in der alten Kaiserstadt und Wirkungsstätte Johann Wolfgang von Goethes durchaus. Nicht zuletzt eine fragwürdige Zuwanderungspolitik, die Parallelgesellschaften duldet, hat dazu beigetragen.

Gelbes Hinweisschild

In einer Waffenverbotszone, wie sie der Frankfurter CDU vorschwebt, dürfen keine „Waffen und gefährlichen Gegenstände“ getragen werden. Ein gelbes Hinweisschild soll auf das Verbot aufmerksam machen. Das kennt man bereits aus anderen Städten. Abgebildet sind in der Regel eine Pistole, ein Klappmesser, ein Baseballschläger sowie eine Glasflasche. Manchmal sind auch feste Uhrzeiten angegeben. Zum Beispiel von Montag bis Sonntag von 21 bis 5 Uhr in der Wiesbadener Innenstadt.

Mit dem Hinweis, dass Waffen verboten sind, und passenden Illustrationen glauben Politiker in Deutschland, dass der öffentliche Raum wieder sicherer gemacht werden kann. (Foto: Pixabay)

Ganz zu schweigen davon, dass man dann wohl außerhalb der Verbotszeiten bedenkenlos mit Baseballschläger in der Hand, Pistole in der Hosentasche oder Eisenrohr über der Schulter seine Runde drehen darf: Würden Sie sich abends sicher fühlen, wenn Sie beim Spaziergang auf solch ein Schild stoßen? Viel wahrscheinlicher ist doch, dass man den Platz dann erst recht meidet. Denn wenn Waffen hier verboten sind, muss es entsprechend ungute Erfahrungen geben. Offenbar laufen dort gerne Menschen mit Waffen herum. Ob betreffendes Klientel dann wirklich Messer, Schlagring, Baseballschläger oder Handfeuerwaffen brav zu Hause lässt, weil die Stadt es nun verboten hat, darf man mit Recht bezweifeln.

Wenn es so einfach wäre, gäbe es viele Straftaten schon längst nicht mehr. So ist ja in Deutschland vieles verboten – etwa einen Menschen umzubringen oder eine Frau zu vergewaltigen. Hat das aber dazu geführt, dass diese Verbrechen aufhören? Nein! Wer den Drang zu töten oder zu vergewaltigen hat, den hält keine amtliche Vorschrift davon ab. Beim Waffenverbot kommt noch die Frage dazu, was überhaupt als Waffe gesehen wird. Wenn nur Pistole und Co. durchgestrichen ist, heißt das natürlich nicht, dass andere, nicht genannte Waffen – Schwert, Armbrust, Schrotflinte, Sturmgewehr – dann erlaubt wären.

Probleme drastisch überzeichnet

Die netten Symbole auf dem Schild wecken Assoziationen an den Videospiel-Bereich. In der berühmt-berüchtigen Reihe „Grand Theft Auto“ sieht das Waffen-Menü ganz ähnlich aus. „Grand Theft Auto“ ist das, was man gemeinhin „Ballerspiel“ nennt. Soziale Probleme der amerikanischen Gesellschaft sind in der Reihe drastisch überzeichnet dargestellt. „Grand Theft Auto III“, ein Spiele-Klassiker und großer kommerzieller Erfolg, spielt in einer fiktiven US-Großstadt: in Liberty City, dem „worst place in America“. Die Stadt ist ein Zerrbild von New York City.

New York City, die wohl bekannteste Stadt der Vereinigten Staaten. In „Grand Theft Auto III“ werden die negativen Seiten der Metropole überzeichnet. Dort ist die Luft sehr bleihaltig – nicht nur wegen der Autoabgase. Viele Innenstädte Deutschlands nähen sich den Zuständen des Spiele-Klassikers von 2001 inzwischen an. (Foto: Pixabay)

Die verschiedenen Stadtteile werden von brutalen Gangs beherrscht, die auf der Straße mit Waffen in der Hand Präsenz zeigen. Es sind auffälligerweise alles Angehörige ethnischer Minderheiten: Italiener, Chinesen, Japaner, Kolumbianer, Latinos, Jamaikaner, Afroamerikaner – das Spiel kam 2001 heraus, stammt also noch aus der Ära vor Erfindung der „Hate Crimes“. In den Straßen herrscht das Recht des Stärkeren. Die ersten Waffen, die man als Spieler erhält, sind der Baseballschläger und die Pistole.

Messerstechereien und Schießereien

Auch in Deutschland bilden sich mittlerweile mehrere Liberty Citys heraus: Berlin, Köln, Frankfurt am Main, Hamburg, Bremen, Stuttgart, München. Welche größere deutsche Stadt kennt keine Schlägereien, Messerstechereien oder Schießereien? Erst jüngst gingen wieder Meldungen über eine Schießerei vor einem türkischen Restaurant herum – nicht in einer Metropole, sondern im beschaulichen niedersächsischen Städtchen Stade. Da wurde dann von der Polizei in einem Treppenhaus sogar ein Schalldämpfer gefunden. In Berliner Freibädern dominieren noch Wasserpistolen, dafür fliegen dort aber zunehmend die Fäuste. Liberty City ist offenbar überall.

Was vor wenigen Jahren nur im Roman, Film oder eben im Videospiel möglich war, wird langsam zum festen Bestandteil des Alltags in Deutschland. Inzwischen schockt es einen sogar gar nicht mehr, wenn man von derartigen Fällen liest oder hört. Nur die Resignation bleibt. Im Unterschied zu „Grand Theft Auto“ kann man sich in der Realität nämlich nicht wehren. In Deutschland ist das Waffenrecht besonders scharf. Während sich in den USA jeder Bürger eine Waffe kaufen kann, sind in der Bundesrepublik nicht einmal mehr Schreckschusswaffen wirklich frei verkäuflich. Die Möglichkeit, ohne Probleme an Schusswaffen zu kommen, haben somit nur Kriminelle.

Schilder, die öffentliche Orte als Waffenverbotszonen ausweisen, sind ein sichtlicher Hinweis darauf, dass der Staat dabei ist, vielerorts zunehmend die Kontrolle zu verlieren. (Foto: GeorgHH/CC BY-SA 3.0 via Wikimedia Commons)

Ganz ehrlich: Bei wie vielen Schießereien in deutschen Städten waren tatsächlich legal erworbene und ordnungsgemäß angemeldete Waffen im Einsatz? Der Anteil dürfte verschwindend gering sein. Nicht ohne Grund ist seit 2015 ein deutlicher Anstieg des Waffenbesitzes in Deutschland erfolgt. Zumindest haben sich mehr Menschen als sonst den kleinen Waffenschein besorgt, der dazu berechtigt, Waffen in der Öffentlichkeit mit sich zu führen. Das sagt ja deutlich aus, dass sich viele Menschen nicht mehr sicher fühlen. Zu glauben, dass man ihnen mit Waffenverbotszonen ihre Angst nehmen oder die zunehmende Gewalt damit gar vermindern kann, ist eine Illusion.

Kapitulation vor Kriminellen

Dass Städte überhaupt ein Waffenverbot aussprechen müssen, ist vielmehr ein Zeichen dafür, dass die Staatsgewalt die Probleme nicht mehr im Griff hat. Straftaten, von denen man fast täglich hört oder liest, lassen sich so jedenfalls nicht verhindern. Damit lässt sich maximal verhindern, dass ein Betrunkener jemandem eine Bierflasche an den Schädel wirft. Reine Symbolpolitik also, wie man sie von der CDU häufiger erlebt. Und letztlich eine Kapitulation vor den Kriminellen. Denn sie wissen nun genau, dass ein gelbes Schild mit Hinweisen alles ist, was der Staat gegen sie aufzubieten hat.

Amelie Reinecke

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