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Im Blickpunkt

Wo die Wurzeln des Reformators liegen

Martin Luther stammte aus dem Mansfelder Land am Rande des Harzes – Eine Spurensuche in Eisleben und Umgebung

Heute würde den Reformator in Mansfeld sicherlich niemand mehr überpinseln. Luther ist fester Bestandteil der Stadtvermarktung. Auch wenn die Bewohner von Mansfeld es mit der Religion ähnlich halten dürften wie die Menschen im nahen Eisleben. Luther ist längst mehr als der fromme, bibelfeste Mönch, der die Vorherrschaft des Papstes in Frage stellte und zum Begründer der evangelischen Kirche wurde. Luther ist eine Symbolfigur, die sich touristisch vortrefflich vermarkten lässt. Der größte Sohn des Mansfelder Landes. Vielleicht sogar der größte Sohn Mitteldeutschlands.

Wenig Interesse an Luther

Schon die Nazis feierten Luther. Für sie war der Vorkämpfer einer „deutschen“ Kirche. Seine umstrittene Schrift „Von den Juden und ihren Lügen“ aus dem Jahr 1543 bot sich an, von den Braunen instrumentalisiert zu werden. Dabei war der Reformator gar kein Antisemit. Seine Abneigung gegenüber dem Judentum speiste sich rein aus religiösen Motiven. Anders als die Nazis zeigte die DDR zunächst wenig Interesse an Luther, dem Bürgerlichen, Freund der Fürsten und Gegner der revoltierenden Bauern. Der revolutionäre Prediger Thomas Müntzer passte weit besser ins propagandistische Instrumentarium des Sozialismus.

Die Fünf-Mark-Banknote der DDR zeigte das Porträt des revolutionären Predigers und Bauernführers Thomas Müntzer. Er galt dem Arbeiter- und Bauern-Staat als deutscher Nationalheld. (Foto: gemeinfrei)

Erst nach und nach entdeckte auch der SED-Staat seine Liebe zum christlichen Reformator und beanspruchte ihn als Vorläufer. Zum Lutherjahr 1983 ließ die DDR-Führung eine Dokumentation produzieren, die zeigen sollte, wie sich der Arbeiter- und Bauern-Staat mit dem Reformator versöhnt hatte – und mit der Kirche. Sogar Gottesdienste im Fernsehen waren jetzt gelegentlich möglich. Eine fünfteilige TV-Produktion des Fernsehens der DDR sollte die Erinnerung an den Reformator wachrufen und im Sinne der Staats- und Parteiführung beeinflussen. Die Hauptrolle übernahm Ulrich Thein. Gegen ihn trat im Westen Lambert Hamel an, der Luther in einem Zweiteiler für das ZDF mimte.

Nach sozialistischem Geschmack

Die DEFA brachte einen „Martin Luther“ auf die Mattscheibe, der nach dem sozialistischen Geschmack der SED gewesen sein dürfte. Er kritisiert die Profitgier frühkapitalistischer Handelshäuser, die Macht der römischen Kirche, den Ämterkauf. Ulrich Thein gibt sich aber auch reichlich nationalgesinnt und betont sein Deutschtum. Wer den ausgeprägten Patriotismus kennt, der die DDR-Identität prägte, den verwundert das nicht. Die linientreue DEFA-Produktion gefiel ironischerweise auch der Kritik im Westen besser. 

Frank Brettemer

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