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Ermöglichen Katars Milliarden die Invasion?

Seit Wochen droht ein erneuter türkischer Einmarsch im Norden Syriens – Eine Zahlung aus dem WM-Gastgeberland macht den Angriff aus Sicht von Menschenrechtlern noch wahrscheinlicher

Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) befürchtet eine erneute großangelegte Invasion der Türkei im Norden Syriens. Eine Milliarden-Zahlung aus dem sunnitisch-wahhabitischen Golf-Emirat Katar mache dieses Szenario wahrscheinlicher, meint Kamal Sido, Nahostexperte der GfbV. Zuletzt habe der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan erklärt, was er von einer solchen Invasion erwartet. „Er will Millionen von Menschen vertreiben und Nordsyrien kurdenfrei machen“, sagt Sido. „Nun soll Katar mindestens 10 Milliarden US-Dollar für die Türkei bereitgestellt haben. Davon kann man viele islamistische Söldner in den Krieg schicken. Sie sind bereits jetzt zahlreich in der Region präsent und terrorisieren die Menschen dort im Auftrag des NATO-Staates Türkei.“

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan. Die Gesellschaft für bedrohte Völker befürchtet, dass er seine Truppen in naher Zukunft in Syrien einmarschieren lässt. (Foto: Gobierno de Guatemala/PDM-owner via Wikimedia Commons)

Die Türkei greift den Norden Syriens bereits seit Wochen immer wieder mit Artillerie und aus der Luft an. In einem Fernsehinterview verkündete der türkische Präsident, Nordostsyrien sei „für den Lebensstil der Kurden nicht geeignet, weil es Wüste ist“. „Der türkische Machthaber scheint zu bestimmen, welche Volksgruppe wo leben darf oder auch nicht. Und natürlich verschweigt er dabei, dass die Region seit Jahrhunderten kurdisch besiedelt ist“, erklärt Sido. „Jetzt mobilisiert Erdoğan Unterstützung, wo er sie bekommen kann. Katar hat er offenbar für seine islamistischen Großmacht-Ambitionen gewinnen können.“

Nordsyrien ethnisch säubern

Das kleine Katar, dass gerade einen Gas-Liefervertrag mit der Bundesrepublik abgeschlossen hat, könne sich die Unterstützung offensichtlich leisten. „Das WM-Gastgeberland unterstützt überall im Nahen Osten sunnitische Islamisten. Zum sunnitischen Islamisten Erdoğan gibt es schon lange gute Beziehungen. Nun ist er innenpolitisch angeschlagen. Er hat Angst, die Wahlen im nächsten Jahr zu verlieren. Die Invasion ist für ihn auch ein Mittel im Wahlkampf. Dazu kann er Nordsyrien ethnisch und religiös säubern und eine neue Fluchtwelle auslösen, mit der er Europa erpressen kann.“

Türkische Soldaten der KFOR-Mission im Kosovo. Mittlerweile liegt das Augenmerk der Streitkräfte auf Syrien. (Foto: Sgt. 1st Class Michael Hagburg/116th Public Affairs Detachment/gemeinfrei via Wikimedia Commons)

Erdoğan gilt der Gesellschaft für bedrohte Völker als politischer Kopf des radikalen sunnitischen Islam. Ähnlich wie die iranischen Mullahs, die schiitischen Gruppen anführen. „Das sunnitische Lager von Katar und der Türkei hat durch die NATO-Anbindung allerdings eine bessere Ausgangsposition. Ohne Duldung durch die NATO, Russland oder den Iran wird Erdoğan niemals eine neue Invasion wagen“, meint Sido. „Da aber selbst die deutsche Bundesregierung ‚Verständnis für die Sicherheitsinteressen der Türkei‘ äußert, dürfte er bald genügend Unterstützung gesammelt haben. Sobald das der Fall ist, wird die Invasion beginnen.“

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