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Im Blickpunkt

Habecks Traum von verlorener Souveränität

Nicht nur grüne Spitzenpolitiker wünschen sich, dass Deutschland in den „Vereinigten Staaten von Europa“ aufgeht – Die Ampelregierung fordert im Koalitionsvertrag ausdrücklich einen europäischen Bundesstaat und greift damit eine Idee auf, die im Kern auf Pläne der Westalliierten zurückgeht

Die heutige Flagge der Paneuropa-Union. Im ursprünglichen Entwurf Coudenhove-Kalergis fehlten die zwölf Sterne. Das rote Kreuz auf goldenem Grund soll die christliche Prägung Europas symbolisieren.

Nach Ende des Zweiten Weltkriegs griffen westliche Politiker wie der britische Premierminister Winston Churchill Coudenhove-Kalergis Idee auf. Schon im März 1946 hatte der spätere Bundeskanzler und CDU-Chef Konrad Adenauer seine Vision für die europäische Zukunft zum Ausdruck gebracht. „Ich hoffe, dass in nicht zu ferner Zukunft die Vereinigten Staaten von Europa, zu denen Deutschland gehören würde, geschaffen werden, und dass dann Europa, dieser so oft von Kriegen durchtobte Erdteil, die Segnungen eines dauernden Friedens genießen wird“, sagte er in einer Sendung des damaligen Nordwestdeutschen Rundfunks.

Gegen den Willen der Russen

Überlegungen hinsichtlich einer europäische Integration wurden zusehends zu einem Mittel, das im Weltkrieg besiegte Deutschland in das westliche Bündnis einzubinden, das gerade im Entstehen war. Damit hätte man die Deutschen besser unter Kontrolle, war wohl die Überzeugung in Paris, London und Washington. Bald zeichnete sich die Gründung eines westdeutschen Teilstaats ab. Gegen den Willen weiter Teile des deutschen Volkes. Und vor allem: Gegen den Willen der Sowjetunion. Als vierte Siegermacht des Zweiten Weltkriegs hatte sie im besetzten Deutschland eine gehörige Portion mitzureden. Eigentlich. Doch durch den aufbrechenden Ost-West-Konflikt blieben die Mahnungen aus Moskau zusehends ungehört.

Die alliierten Führer Winston Churchill, Franklin D. Roosevelt und Josef Stalin bei der Konferenz von Jalta im Februar 1945. Schon bald danach brach das Kriegsbündnis auseinander. (Foto: U. S. Signal Corps/gemeinfrei)

„Die Hitler kommen und gehen, aber das deutsche Volk, der deutsche Staat bleibt“, soll Kreml-Chef Josef Stalin schon 1942 gesagt haben. Nach Kriegsende blieben die Sowjets dieser Haltung treu. Eine Teilung Deutschlands kam für sie nicht in Frage. Selbst wenn der neue deutsche Staat nicht Teil des sozialistischen Blocks werden würde. Politische und militärische Neutralität hätte Moskau genügt. Einer der bedeutendsten Versuche, das auseinander treibende Deutschland wiederzuvereinigen, steht für 1952 in den Chroniken: die sogenannten „Stalin-Noten“.

Die „Stalin-Noten“: eine vertane Chance

Am 10. März 1952 schlug Stalin die Wiedervereinigung Deutschlands vor. Das geeinte Land sollte sogar eine eigene Armee haben dürfen. Eine Eingliederung in das westliche Bündnissystem aber wäre ausgeschlossen gewesen. Aus einer weiteren Note ging im April sogar hervor, dass die Sowjets freie Wahlen akzeptieren würden, analysierte der Innsbrucker Historiker Rolf Steininger. Dennoch lehnte der Westen ab. Vor allem Kanzler Adenauer war strikt gegen jede Verständigung mit den Sowjets oder der DDR. Eine vertane Chance ist das für Steininger. „Kein Angebot der Sowjetunion kann mich bewegen, aus der Verbindung mit dem Westen auszubrechen“, habe Adenauer sogar gesagt.

Statt der deutschen Einheit setzte der Westen also auf die europäische Integration. Bald trennte eine militärisch gesicherte Grenze die Deutschen in Ost und West. Im Mai 1949 trat das Grundgesetz als provisorische Verfassung einer westdeutschen „Bundesrepublik“ in Kraft. Die sowjetische Besatzungszone zog im Oktober mit der Gründung der DDR nach. Eigentlich sollte die „Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik“ für ganz Deutschland gelten. Ganz bewusst war sie so gehalten, dass auch bürgerliche Kräfte ihr zustimmen konnten. Den „Aufbau des Sozialismus“ forcierte die SED erst ab 1952, nach endgültiger Ablehnung der „Stalin-Noten“.

Bundeskanzler Konrad Adenauer (rechts) mit dem französischen Präsidenten Charles de Gaulle. In den frühen 1920er Jahren zeigte Adenauer eine ideologische Nähe zu Separatisten, die das Rheinland vom Deutschen Reich abtrennen und an Frankreich annähern wollten. (Foto: Bundesarchiv/B 145 Bild-F015892-0010/Ludwig Wegmann/CC BY-SA 3.0 DE via Wikimedia Commons)

Für die DDR-Machthaber in Berlin war die europäische Integration nichts als Verrat. Von „nationalem Nihilismus“ war die Rede. Nach der Befreiung vom Hitler-Faschismus, mutmaßten SED-Vertreter, habe der Imperialismus der westdeutschen Monopolkapitalisten in den „ausländischen Aggressoren“ einen neuen Bündnispartner gefunden. Insbesondere in den USA. Allen voran der Bundeskanzler wurde zur Zielscheibe. In „Der Vaterlandsverrat des Dr. Konrad Adenauer“ etwa zeichnete der spätere DDR-Außenminister Otto Winzer den Weg des westdeutschen Regierungschefs nach. Vom Zentrums-Politiker mit Verbindungen zu rheinländischen Separatisten zum Exponenten der europäischen Integration.

DDR deutlich nationaler

Der politische Standpunkt der DDR war damals deutlich nationaler als der der europäisch denkenden Bundesrepublik. Ost-Berlin sah sich als einzig legitimen Nachfolger des Deutschen Reichs und damit als politische Vertretung des ganzen deutschen Volkes. Kritik am Westkurs der Bundesrepublik kam aber auch von der SPD. Parteichef Kurt Schumacher, strammer Gegner von Nazis und Kommunisten gleichermaßen, nannte Adenauer den „Kanzler der Alliierten“. Aufzuhalten war die Politik der Bonner „Spalter“ (so der DDR-Jargon) allerdings nicht mehr.

Bald schwenkten auch die Sozialdemokraten auf den Europa-Kurs der CDU-Führung ein. Heute gehören sie mit Grünen und FDP zu den eifrigsten Befürwortern der „Vereinigten Staaten von Europa“. Und damit der endgültigen Aufgabe weiter Teile der nationalen Souveränität.

Thomas Wolf

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