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Ein veganer Monat, der niemals endet

Vom fleischlosen Januar zur neuen Normalität? – Wie Tofu, Pflanzen-Burger und Insekten in Europa zunehmend zur politisch korrekten Nahrungsquelle werden

Fleisch ist schlecht und sollte am besten gar nicht gegessen werden. Vor allem das von Schwein und Rind. Einheimisches Fleisch. So wollen es insbesondere Klimaschützer. Sie argumentieren, durch die in Mitteleuropa übliche Tierhaltung werde das Klima geschädigt. Deshalb besser: kein Fleisch. Und weil es auch für tierische Produkte wie Eier der Tierhaltung bedarf, sollte der Mensch am besten vegan leben. Völlig ohne tierische Nahrung. Oder zumindest ohne Rind, Schwein und Geflügel. Insekten dagegen gelten als unbedenklich. Sie schädigten das Klima nicht, heißt es. Mittlerweile sind sie in der EU als Nahrungsmittel zugelassen.

Vegane Lebensmittel gelten Politik und Medien als klimafreundlich – anders als das Fleisch heimischer Tiere. (Foto: Pixabay)

Einen ganzen Monat lang haben führende Supermarkt-Ketten den „Veganuary“ angepriesen. Den fleischfreien Januar. Statt zu Rindersteak und Schweineschnitzel sollte der Kunde zu pflanzlichen Ersatzprodukten greifen. Ob „Hühnchen“-Nuggets aus Tofu, Hamburger aus Pflanzensamen oder Bohnenmus. „Fisch“-Stäbchen, die keinen Fisch enthalten, Haferdrinks und Sojamilch – vegane Lebensmittel sind seit geraumer Zeit auf dem Vormarsch. So auffällig und offensiv beworben wie bei Edeka, Rewe, Aldi und Co. im veganen Januar werden sie aber selten. Konsequent vegan leben tut nur eine kleine Minderheit.

Vegetarisch reicht nicht

Das ist der internationalen Initiative „Veganuary“ zu wenig. Sie will immer mehr Menschen davon überzeugen, sich nicht nur vegetarisch zu ernähren. Also fleischlos. Es muss schon vegan sein. Auch Eier, Milch, Joghurt oder Butter sind dann tabu. In Zeiten einer angeblich drohenden Klima-Katastrophe, von „Fridays for Future“ und den Aktionen der „Letzten Generation“ gilt die vegane Lebensweise als „hip“. Gegründet wurde „Veganuary“ 2014 in Großbritannien. In Deutschland warb die Initiative 2019 erstmals für den veganen Januar. Im vergangenen Jahr beteiligen sich nach Angaben der Organisation mehr als 600.000 Menschen an der Aktion. Mehr als 1500 „neue vegane Produkte und Menüs“ seien zum Januar 2022 auf den Markt gebracht worden.

Für dieses Jahr vermelden Medien eine neue Rekordbeteiligung am „Veganuary“. Mehr als 850 aus unterschiedlichsten Bereichen hätten sich an der Aktion beteiligt. Vor einem Jahr seien es dagegen nur etwas mehr als 200 gewesen. Die Initiative selbst spricht von der erfolgreichsten Kampagne seit ihrer Gründung. Der Discounter Aldi, liest man, habe ein „veganes Steak“ eingeführt. Und die Deutschen Bahn eine vegane Curry-„Wurst“ serviert. „Dieser Veganuary hat gezeigt, dass es immer selbstverständlicher und auch einfacher wird, sich im Alltag für pflanzliche Alternativen zu entscheiden“, sagt Ria Rehberg, internationale Geschäftsführerin der Kampagne.

Wie in zahlreichen anderen Supermarkt-Ketten stand auch bei Rewe der Januar ganz im Zeichen der veganen Ernährung. (Foto: © REWE)

Der Kölner Einzelhändler Rewe wies im Rahmen der Aktion erstmals sogenannte Klimapreise aus. „Wie müssten Preise für Lebensmittel eigentlich ausgezeichnet werden, wenn auch die Klimaauswirkungen berücksichtigt werden? Immer noch in Euro und Cent? Oder hat unser Planet eine andere Währung, mit der er für unseren Einkauf bezahlt?“, fragte das Unternehmen auf seiner Webseite. Und lieferte die Antwort gleich mit: „Wahrscheinlich wären für den Planeten Angaben in Emissionen und Belastungen der realistischere Ansatz.“ Also preisten die Kölner fünf ausgewählte Produkte mit der „Währung“ CO2e/kg aus.

„Je öfter du nämlich zu veganen Alternativen greifst, desto mehr mundet dein Einkauf auch dem Klima. Das fühlt sich nicht nur richtig an, sondern kann auch unfassbar gut schmecken. Noch nicht überzeugt? Dann probier dich doch einfach mal durch unsere breite Auswahl an veganen Produkten!“ So spricht Rewe seine Kunden an. Und versucht damit, jedem Käufer von Schwein, Rind, Eiern oder Käse ein schlechtes Gewissen einzureden. Die meisten veganen Produkte seien mit dem Zusatz „Für mehr Klimaschutz“ versehen. „So erkennst du schon auf den ersten Blick, dass du mit deiner Wahl einen wertvollen Nachhaltigkeitsbeitrag leistest.“

Dauerhaft weg vom Fleisch

Auch Lidl beteiligt sich an „Veganuary“. Der Neckarsulmer Discounter geht aber noch weiter. Er will offenbar seine Kunden dauerhaft vom Fleisch wegbringen. Nicht nur im Januar. Das Sortiment werde angepasst, der Anteil an Produkten tierischen Ursprungs verkleinert, liest man. Der Lidl-Chefeinkäufer für den deutschen Markt, Christoph Graf, bezeichnete dies anlässlich der „Grünen Woche“ in Berlin als alternativlos. Weil „es keinen zweiten Planeten“ gebe. „Die Manager der Supermarktkette Lidl outen sich als Klima-Pädagogen“, kommentiert das Portal reitschuster.de. „Mit anderen Worten: Sie wenden sich von der Marktwirtschaft ab, in der die Wirtschaft sich nach den Bedürfnissen der Verbraucher zu richten hat. Und setzen statt dessen auf Planwirtschaft – in der die Wirtschaft den Verbrauchern vorschreibt, was sie zu verbrauchen haben.“

Selbst Burger stehen immer häufiger in einer fleischlosen Variante auf der Speisekarte. Statt Käse kommt ein pflanzliches Ersatzprodukt zum Einsatz. (Foto: Pixabay)

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