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Kommentar

Die Ampel-Koalition: ein Irrenhaus?

Wie deutsche Scharfmacher den Konflikt mit Russland anheizen und dabei Not und Tod der Ukrainer in Kauf nehmen – Ein „Offenen Brief“ an Politik und Medien

Leben wir heute in einem deutschen Irrenhaus? In einem Ampel-Irrenhaus? Da gibt es Politiker (noch nicht einmal wenige und noch nicht einmal nur das Fußvolk), die unentwegt nach Krieg rufen. Nach immer mehr Waffenlieferungen für die Ukraine. Das, obwohl sie seit einem Jahr Elend und Not, den Tod ungezählter Menschen durch Waffeneinwirkung, die Zerstörung der Infrastruktur, die Flucht von Millionen von Menschen ins Ungewisse mitbekommen haben müssen.

Das Schlachten verlängert

Alle Waffenlieferungen, alle sonstige Unterstützung der Ukraine haben nichts gebracht, nur das Schlachten verlängert. Es ist auch nicht absehbar, dass sie in der Zukunft etwas bringen werden. Wer das nicht erkennt, beweist eine erschreckende Distanz zur Realität. Die Zeit für Verhandlungen – so die Behauptung – sei noch nicht gekommen. Wann, so ist zu fragen, wird das der Fall sein? Nach einer russischen Niederlage?

Ein deutscher Leopard 2A6 bei einer NATO-Gefechtsübung in Grafenwöhr. (Foto: 7th Army Training Command Grafenwöhr/U.S. Army Photo by Kevin S. Abel/CC BY 2.0 via Wikimedia Commons)

Wer das Wort „Frieden“ oder „Verhandlungen“ in den Mund nimmt, wird – ohne Prüfung der Argumente – als „Putinversteher“ oder „Putin-Unterstützer“ ausgegrenzt. Demonstranten aus dem linken und aus dem rechten politischen Spektrum, die – wie viele Regierungschefs aus aller Welt – den Frieden wollen, werden verächtlich gemacht. Die von Frau Wagenknecht in Berlin organisierte Groß-Demonstration für den Frieden wurde mit „umstritten“ verunglimpft. Sie habe sich nicht eindeutig gegen rechts abgegrenzt. Die Frage muss erlaubt sein, ob Rechte kein Bedürfnis nach Frieden haben dürfen.

Anfeuerndes Kriegsgeschrei

Solche Politiker werden – in Verkennung der Realitäten – Deutschland mit nicht enden wollenden Waffenlieferungen und anfeuerndem Kriegsgeschrei in einen blutigen Krieg gegen eine hochgerüstete, atomar bewaffnete Supermacht treiben. Rein juristisch sind wir das schon. 

Die Bundeswehr hat eine Personalstärke von 183.277 Soldatinnen und Soldaten. Die Zahl der an der Front einsetzbaren Soldaten dürfte sich auf sehr wenige 10.000 belaufen. Russland dagegen verfügt derzeit über 850.000 aktive Soldaten, 200.000 davon in der Ukraine an der Front und – so der Inspekteur des deutschen Heeres – „Ressourcen, die nahezu unerschöpflich sind“. Die Bundeswehr ist nicht atomar bewaffnet. Russland verfügt über die meisten nuklearen Sprengköpfe aller Staaten der Welt (6255).

Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius und US-Botschafterin Amy Gutmann warten auf US-Verteidigungsminister Lloyd Austin. (Foto: DoD photo by U.S. Air Force Tech. Sgt. Jack Sanders/U.S. Secretary of Defense/CC BY 2.0 via Wikimedia Commons)

Zum Potenzial, das die Bundeswehr in der Ukraine einsetzen könnte, hat der Inspekteur des Heeres, Alfons Mais, in schlichter, auch für Politiker verständlicher Sprache gesagt: „Die Bundeswehr, das Heer, das ich führen darf, steht mehr oder weniger blank da.“ Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius’ vernichtendes Urteil über die Truppe lautet (sinngemäß): Die Streitkräfte sind nicht verteidigungsfähig. Der Eindruck kommt auf, dass die Damen und Herren aus der Politik das besser wissen.

Während Russland aktuell auf dem ukrainischen Gefechtsfeld mehr als 12.000 Panzer einsetzt, sind es weniger als 2000 auf ukrainischer Seite. Der Westen hat es nicht geschafft, die von der Ukraine geforderten 300 zusammen zu bekommen. Halbherzige Zusagen der Staaten sind – als die Übergabe konkretisiert werden sollte – weitgehend in sich zusammengebrochen.

Abrams nur geschwächt?

Während etwa US-Präsident Joe Biden der Lieferung von „Abrams“-Kampfpanzern in die Ukraine zunächst zugestimmt hatte, wurde diese Zusage nach der deutschen Entscheidung, Leopard-Kampfpanzer zu liefern, wieder zurückgezogen. Nun sollen sie doch – langfristig – zur Verfügung gestellt werden. Es wurde behauptet, dass eine begrenzte Anzahl davon bis Ende 2023 umgebaut und – in der Panzerung geschwächt – an die Ukraine ausgeliefert werden sollen. Als stärkster und modernster Panzer der Welt gilt der russische T-14 Armata, der 2015 erstmals vorgestellt wurde.

Russische Kampfpanzer vom Typ T-14 Armata bei einer Präsentation nahe Moskau. (Foto: Vitaly V. Kuzmin/CC BY-SA 4.0 via Wikimedia Commons)

Was die ungemein wichtige Artilleriemunition angeht, ist festzustellen, dass die Ukraine an einem Tag so viel Granaten verschießt, wie sie in Deutschland in einem halben Jahr produziert werden können.

Bei Übungen einer deutschen Panzergrenadierbrigade waren innerhalb weniger Tage alle 18 eingesetzten Puma-Panzer ausgefallen. Alle heißt: 100 Prozent. Nicht etwa durch Beschuss! Durch Mängel an der Technik! Das waren die Panzer, die der NATO für 2023 als Kern ihrer schnellen Eingreiftruppe zugesagt worden waren. Abschrecken soll nun der 50 Jahre alte Panzer „Marder“. Würde man fragen, für wie viele Gefechtstage dessen Munitionsbevorratung vorhanden ist: Man sollte es lieber nicht tun. Bedenken sind angebracht.

China hält sich bereit

Unter den Staaten mit den meisten verfügbaren Jagdflugzeugen/ Abfangjägern im Jahr 2023 ist Deutschland mit 134 an Position 19 aufgeführt. Russland hat 773. Wenn mir nun entgegengehalten würde, dass ja die Bundeswehr in diesem Kampf nicht alleine dasteht, wäre meine Antwort: Das tun die Russen auch nicht. China hält sich im Hintergrund bereit. Und China hat 1199 Flugzeuge dieser Art. Zu glauben, dass Deutschland zum Krieg hetzt, die anderen europäischen Staaten diesen dann aber bestreiten, ist in gleicher Weise realitätsfremd.

Soldaten der chinesischen Volksbefreiungsarmee nehmen an der Militärparade zur Feier des Sieges über Nazi-Deutschland in Moskau teil. (Foto: kremlin.ru/CC BY 4.0 via Wikimedia Commons)

So bleibt nur zu hoffen, dass die deutschen Scharfmacherinnen und Scharfmacher, die sich in der oben genannten Weise äußern, von anderen Staaten, insbesondere vom angepeilten Gegner, nicht allzu ernst genommen werden. Allen muss klar sein, dass die weit überwiegende Anzahl aller Deutschen – von links bis rechts – weiß, was Krieg bedeutet. Deswegen ist ihr „Nein“ zu Waffenlieferungen, Ihr „Nein“ zum Krieg und „Ja“ zum Frieden nur zu verständlich!

Die vor Jahresfrist vom Kanzler verkündete „Zeitenwende“ hat sich als fundamentale Fehlentscheidung und selbst zu verantwortendes Desaster nicht nur für Deutschland erwiesen.

Hannes Zimmermann

Dieser Text entspricht einem leicht redigierten „Offenen Brief“ des Autors an Politik und Medien. Der Autor diente ab 1959 in der Luftwaffe und war u.a. Gruppen- und Zugführer in der Grundausbildung von Rekruten, Kommandeur bei der Tornado-Instandsetzung und Organisationsstabsoffizier bei der Abwicklung der Luftstreitkräfte der NVA. 1993 trat er als Oberstleutnant in den Ruhestand ein. Er wurde mit dem Ehrenkreuz der Bundeswehr in Gold ausgezeichnet. Nach seinem Ruhestand war er dann Geschäftsführer eines Ingenieurbüros und mit der Übersetzung flugzeugtechnischer Vorschriften der MIG-29 vom Russischen ins Deutsche befasst.

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