Kategorien
Medienkritik

Kohlendioxid: Doch kein Klimakiller?

Die Kritik an der Weltklimakonferenz „COP27“ ist groß. Politiker, Wissenschaftler und Aktivisten aus aller Welt, die im ägyptischen Badeort Scharm el-Scheich zusammenkamen, konnten sich nicht verbindlich auf einen Ausstieg aus fossilen Energieträgern einigen. So werde die globale Erwärmung nicht mehr auf maximal 1,5 Grad gegenüber dem vorindustriellen Niveau begrenzt werden können, liest man. Von einer drohenden „Klimahölle“ ist die Rede. Von Kipppunkten, die die Erderhitzung schon bald unumkehrbar machen werden. Wirklich? Droht bald der Klima-Kollaps, weil der Mensch durch den industriellen Kohlendioxid-Ausstoß die Atmosphäre verpestet? Das Buch „Unerwünschte Wahrheiten“ bezweifelt die Bedrohlichkeit des Klimawandels. Und setzt einen wohltuenden Kontrapunkt gegen die Panikmache.

Fortschreitende Erwärmung?

Bewegungen wie „Fridays for Future“ oder die radikalen Aktivisten der „Letzten Generation“ behaupten, die globale Erwärmung sei ausschließlich menschengemacht und müsse daher kurzfristig bekämpft werden. Weil auch viele Wissenschaftler dieser Ansicht sind, beherrscht die Angst vor einer fortschreitenden Erwärmung der Atmosphäre weite Teile von Politik und Gesellschaft. Die Buchautoren Fritz Vahrenholt und Sebastian Lüning stellen diesen politisch-medialen Klima-Konsens in Frage. Den Einfluss des Kohlendioxids auf die Erderwärmung setzen sie deutlich geringer an. Selbst bei einer starken CO2-Zunahme in der Atmosphäre werde der Temperaturanstieg nicht mehr als zwei Grad betragen, sind sie überzeugt.

US-Präsident Joe Biden hält eine Ansprache auf der Weltklimakonferenz „COP27“ im ägyptischen Scharm el-Scheich. (Foto: Office of the President of the United States/gemeinfrei)

Vahrenholt und Lüning sind durchaus keine „Klimaleugner“. Eine Reduktion der CO2-Emissionen lehnen sie keineswegs ab. Die Rede ist in „Unerwünschte Wahrheiten“ von einer „Halbierung im Verlaufe dieses Jahrhunderts“. Auch den menschlichen Einfluss auf den Temperaturanstieg stellen der frühere Hamburger SPD-Umweltsenator und der einstige Gutachter des Weltklimarats IPCC nicht in Frage. Den angeblichen Klimanotstand, den Greta Thunberg, Luisa Neubauer und ihre Mitstreiter in Medien und Politik propagieren, sehen sie allerdings nicht.

50 Fragen zur Klimadebatte

„Unerwünschte Wahrheiten“ stellt 50 Fragen zur Klimadebatte. Und beantwortet sie auf Basis von Fakten und ohne populistische Zuspitzung. Wer hätte etwa gedacht, dass der vermeintliche „Klimakiller“ CO2 das Pflanzenwachstum fördert? Die zunehmende Weltbevölkerung könnte durch ein Mehr an Kohlendioxid in der Atmosphäre also potenziell besser ernährt werden. Vahrenholt und Lüning stellen die globale Erwärmung seit der Industrialisierung der Mittelalterlichen Wärmeperiode und der darauffolgende Kleine Eiszeit gegenüber. Dem aktuellen Klimawandel nehmen sie so seine Einmaligkeit. Das Ende der Kleinen Eiszeit, der kältesten Epoche seit 10.000 Jahren, geht nahtlos in den Temperatur-Anstieg der vergangenen 150 Jahre über.

Ein Klimaprotest im englischen Portsmouth anlässlich der „COP27“-Konferenz. (Foto: Tim Sheerman-Chase/CC BY 2.0 via Wikimedia Commons)

Internationale Klimaexperten, betonen die Autoren, belegen durch ihre Forschungen, dass das Mittelalter teils „deutlich wärmer als heute“ war. Keineswegs nur lokal, sondern weltweit. Vorausgegangen sei ein Temperaturanstieg von mehreren Grad Celsius. Versuchen, jenes mittelalterliche Klimaoptimum kleinzurechnen, treten Vahrenholt und Lüning entschieden entgegen. Für manchen Leser überraschend stellen sie fest: Gletscher, die heute abschmelzen, gab es damals offenbar noch gar nicht. „Die Klimakatastrophe wird nicht stattfinden“, betonen die Autoren daher.

Anregung zum Nachdenken

„Fridays for Future“ oder die „Letzte Generation“ können Vahrenholt und Lüning gewiss nicht überzeugen. Auch die Mehrheit der Politiker hat sich längst festgelegt. So weist man den Autoren eine vermeintlich unwissenschaftliche Außenseiterposition zu, die nicht einmal diskutiert wird. Den unvoreingenommener Leser aber regt „Unerwünschte Wahrheiten“ zum Nachdenken an. Entsprechen die gängigen Klimamodelle tatsächlich der Mehrheitsmeinung der Wissenschaft? Droht wirklich in naher Zukunft die Katastrophe? Steckt hinter der Erwärmung gar nicht der menschengemachte CO2-Ausstoß, sondern ein bislang unverstandener Klimazyklus? Für Vahrenholt und Lüning deutet jedenfalls einiges darauf hin.

Frank Brettemer

Kategorien
Medienkritik

Wenn die Leinwand Wahlkampf macht

Findet in Europa ein Rechtsruck statt? Nachdem in Osteuropa schon länger EU- und zuwanderungskritische Parteien bedeutend sind oder sogar die Regierung stellen, zeichnen sich 2022 auch stärkere Entwicklungen in Westeuropa ab: Sowohl die Wahlen in Schweden als auch in Italien haben rechten Parteien Aufwand gegeben und könnten zu einem Wechsel in der bisherigen Politik führen. Im Film wurden solche Szenarien schon mehrfach durchgespielt. Ein Beispiel dafür ist der 2019 erschienene Politthriller „Danmarks sønner“, im Deutschen unter dem Titel „Sons of Denmark – Bruderschaft des Terrors“ vertrieben.

Mitglieder der „Nordischen Widerstandsbewegung“ in Stockholm. Das Symbol der in ganz Skandinavien aktiven Neonazi-Organisation ist auch in „Danmarks sønner“ zu sehen. (Foto: Frankie Fouganthin/CC BY-SA 4.0 via Wikimedia Commons)

In diesem wird ein Bild von Dänemark gezeichnet, das einem starken Rechtsruck ausgesetzt ist. Ist diese Darstellung aber gelungen? Die Handlung führt sechs Jahre in der Zukunft. Nach einem Terroranschlag wird in Dänemark Zuwanderern, vor allem arabischen Muslimen, die Schuld gegeben. Es häufen sich brutale Übergriffe auf sie und nun steht auch noch eine rechte Partei namens „National Bevægelsen“ (Nationale Bewegung) kurz davor, die Macht im Land zu übernehmen. Vielen Zuwanderern soll dann die Staatsbürgerschaft wieder entzogen werden.

In Dänemark „aufräumen“

Malik ist ein Undercover-Polizist, der dazu beigetragen hat, ein von Muslimen geplantes Attentat auf den Parteichef und angehenden Staatsminister Martin Nordahl zu verhindern. Nun dient er als Kontaktperson für einen anderen V-Mann, der in die „Söhne Dänemarks“, eine rechtsextreme Gruppierung, eingeschleust wird. Deren Mitglieder träumen davon, alle Fremden aus Dänemark zu vertreiben. Malik findet Hinweise darauf, dass sie auf den Wahlsieg Nordahls warten und danach endlich in Dänemark „aufräumen“ wollen.

Der Dannebrog, eine der ältesten Flaggen der Welt, ist dänisches Nationalsymbol. Die Aufmachung der für den deutschen Markt bestimmten DVD-Ausgabe von „Danmarks sønner“ zeigt einen mit Blut bespritzten Dannebrog. (Foto: Pixabay)

Seine Warnungen finden bei der Polizei aber kein Gehör, vielmehr fürchtet man islamistische Anschläge vor der Wahl. Maliks Familie wird schließlich selbst Opfer der Rechtsextremen: Man dringt in ihr Haus ein, übergießt das Gesicht der Frau mit Säure und tötet den kleinen Sohn des Paares. Malik erschießt daraufhin Nordahl während dessen Siegesrede und wird verhaftet. Sieht man davon ab, dass es sich um einen hochgradig politischen Film handelt, fällt auf, dass er alles andere als mitreißend ist. Es geschieht wenig Überraschendes.

Vom Weg abgekommen

Der Film weiß keine wirklichen Höhepunkte zu setzen. Das Ende ist dabei alles andere als überraschend. Man ahnte schon lange vorher, dass Malik vom Weg abkommen wird. Handwerklich ebenfalls nicht gelungen ist, dass in der ersten Hälfte des Films der Fokus noch auf einer anderen Person liegt: dem 19-jährigen Iraker Zakarias, der das Attentat auf Nordahl durchführen soll und von Malik Schießtraining erhält. Nach der Verhaftung verschwindet die Figur in der Versenkung und spielt für den weiteren Film keine Rolle mehr.

Auch wurde bei der Charakterzeichnung viel vertan. Es erschließt sich etwa nicht, was Zakarias letztlich dazu treibt, das Attentat durchführen zu wollen, man weiß kaum etwas aus seinem Leben. Es gibt auch keine Szene, wo er persönlich die gekippte Stimmung hautnah erleben würde – es bleibt beim Betrachten von ausländerfeindlicher Wandschmierereien. Auch Maliks Hintergrund bleibt sehr vage. Somit wurde bei beiden Figuren viel Potenzial verschenkt.

Schwarz-weißes Dänemark

Auffallend ist, wie unterschiedlich die beiden extremistischen Gruppen gezeichnet werden. Der Hintergrund des anfangs gezeigten Anschlags bleibt ziemlich unklar, man weiß nur, dass muslimischen Zuwanderer die Schuld gegeben wird. Sie werden alle als arme Flüchtlinge, teilweise im Elend lebend, gezeigt. Der Islam spielt für diese im Film keinerlei Rolle. Hassan, der Anführer der Verschwörer, spricht zudem noch davon, dass die Dänen Araber „wie Tiere“ behandeln würden. Man könne daher nicht mehr schweigen, heißt es, denn man sei nicht wertlos. Zakarias meint später noch, dass sie für die Dänen „Nichts“ sind und dieses „Nichts“ beseitigt werden soll.

Über einem rot gestrichenen Haus weht die dänischer Flagge – nahezu idyllisch. Tatsächlich gibt es aber auch in Dänemark zunehmend ethnische Spannungen. (Foto: Pixabay)

Ganz anders geht es auf der Gegenseite zu. Die rechtsextreme Gruppierung „Söhne Dänemarks“ hasst alle Fremden und will diese alle aus dem Land jagen. Die Gespräche, die Malik hierbei abhört, sind hetzerisch und hasserfüllt. Es gibt keinerlei Hemmung, was Gewalt angeht: Die Rechtsextremen schneiden dem V-Mann, der
schließlich auffliegt, als Rache für seinen Verrat an Volk und Land die Zunge heraus und töten ihn anschließend wohl auch.

Probleme mit Migranten

Der Film vermeidet es, bestehende Missstände im Dänemark des Jahres 2019 anzusprechen und zeichnet lieber ein einfaches Bild: Irgendeine kleine Gruppe Verrückter verübt einen Anschlag, den die Dänen als Vorwand nehmen, um ihren Hass auf friedliche Zuwanderer auszuleben. Die vielen Probleme, die man nicht nur in Dänemark, sondern auch den meisten anderen westeuropäischen Ländern mit muslimischen Migranten kennt, werden gar nicht behandelt: kein islamischer Fanatismus unter Jugendlichen, keine kriminellen Großfamilien, keine Bandenkriege am helllichten Tag in den Straßen, keine Jugendgangs, kein Gossen-Rap mit Gewaltfantasien, keine Vergewaltigungen, kein Zuwachs von Moscheen, keine Stadtviertel mit Arabisch als vorherrschender Sprache, keine „Ehrenmorde“, kein „Beziehungsdrama“.

Kategorien
Medienkritik

Ein Mönch gegen „Cancel Culture“

Notker Wolf ist kein Revolutionär, aber auch keiner, der sich den Mund verbieten lässt. Der ehemalige Erzabt der bayerischen Benediktinerabtei St. Ottilien steht zu dem, was er denkt. Und er denkt nicht selten kritisch: über den Zustand der Kirche, aber auch über Politik und Gesellschaft. Auch zur „Cancel Culture“, die mittlerweile selbst die Kirche erreicht, hat er eine klare Meinung. Und er scheut sich nicht, diese zu äußern. In seinem neuen Buch „Warum lassen wir uns verrückt machen?“ nimmt er Stellung zu Indianer-Verboten, Corona-Ängsten und politisch korrekten Straßenumbenennungen.

Der Benediktiner Notker Wolf wendet sich klar gegen politisch korrekte Verbote und Zensur. (Foto: Simon Pi/CC BY-SA 4.0 via Wikimedia Commons)

Ein zentraler Begriff seines Buchs ist Angst: Der Kirchenmann warnt davor, sich von Ängsten beherrschen zu lassen. „Wen die Angst befällt, den macht sie schwach, sie selbst aber ist mächtig“, schreibt Wolf. Denn wo die Ängstlichen den Ton angeben, werde Angst zur Tugend. „Dann werden die Furchtsamen zu Helden und die Furchtlosen zu Verrätern.“ Wohin das führen kann, hat die Corona-Pandemie gezeigt: Die Menschen igelten sich auf Anweisung der Regierung ein, kappten ihre sozialen Kontakte und sahen in jedem Gegenüber eine potenziell todbringende Virenschleuder. Manche handeln so bis heute.

Angst vor Berührungen

Insbesondere die Angst vor Berührungen machen dem Benediktiner Wolf Sorgen. Keineswegs nur in Bezug auf Corona, sondern auch hinsichtlich des Umgangs mit anderen Kulturen. „Mehr als jede Berührung stört mich der Verfolgungswahn von Leuten, die hinter jeder Straßenecke einen Ausländerfeind vermuten und in jedem Mitmenschen eine Gefahr für meine Gesundheit erblicken“, schreibt der ehemalige Erzabt, der zu den bekanntesten Vertretern der Kirche in Deutschland zählen dürfte.

Wolf befasst sich mit einer Vielzahl an Schauplätzen, auf denen die politische Korrektheit derzeit ihr Unwesen treibt. Ob es nun Straßen sind, deren Namen (scheinbar) nicht mehr in die Zeit passen, Denkmäler, Formulierungen und Ausdrücke in Kinderbüchern oder der (wie Wolf es nennt) „Tanz um das Goldene Kalb der Minderheiten und Identitäten“ – der Benediktiner steht der wachsenden Zahl an Feldzügen, die eine kleine, aber lautstarke Minderheit gegen Sprache und Kultur führt, äußerst kritisch gegenüber.

Abweichende Meinung bekämpfen

Streitfragen zu lösen, indem man etwas verbietet, verbannt oder anderweitig unsichtbar macht, lehnt Wolf ab. Und macht ein Grundübel der grassierenden „Cancel Culture“ deutlich: Sie will abweichende Meinungen gar nicht hören, sondern bekämpfen. Dahinter stecke, meint der Ordensmann, die Angst vor einem Konflikt mit anderen Menschen, also auch eine Berührungsangst. Letztlich wird hier aus Angst davor, im Umgang mit fremden Kulturen oder Minderheiten Fehler zu machen, die Meinungsfreiheit eingeschränkt.

Jesus treibt die Händler aus dem Tempel – auch ein Zeichen des Kampfes gegen den Zeitgeist vor 2000 Jahren. (Foto: Distant Shores Media/Sweet Publishing/CC BY-SA 3.0 via Wikimedia Commons)

Nun ist Notker Wolf kein Politiker, sondern Kirchenmann. Und als solcher darf in seiner Argumentation jener nicht fehlen, auf den die Kirche sich seit 2000 Jahren beruft: Jesus Christus. Ihn führt Wolf als Paradebeispiel eines furchtlosen und politisch unkorrekten Menschen an. Obwohl er sich dadurch mächtige Feinde machte, habe sich Jesus nicht vom „Dämon der Ängstlichkeit“ einschüchtern lassen und dem Zeitgeist stets mutig getrotzt. „Er könnte auch uns Heutigen einiges zu sagen haben“, schreibt der Benediktiner. 

Scheinheiliges Moraldiktat

Notker Wolf hat ein Buch vorgelegt, das für einen auf Ausgleich bedachten Kirchenmann überraschend deutlich ausfällt. Das mutig Stellung bezieht und klar aufzeigt: Probleme bewältigt man nicht mit Panik, Furcht und Berührungsangst – oder gar mit Zensur und Verboten. „Warum lassen wir uns verrückt machen?“ ist unbedingt lesenswert, weil es die politische Korrektheit aus ungewöhnlicher Perspektive attackiert. Und weil es das scheinheilige Moral- und Meinungsdiktat unserer Zeit schonungslos aufdeckt.

Anna Steinkamp

Kategorien
Medienkritik

Weniger Splatter, dafür mehr Zeitgeist

Ob weiblicher Donnergott Thor, dunkelhäutige oder ostasiatisch aussehende britische Adlige im 16. Jahrhundert oder lesbische Titelheldinnen – kaum ein größeres Filmprojekt, das beim Publikum erfolgreich sein will, kommt noch ohne Diversität und Quoten-Erfüllung aus. Selbst wenn es inhaltlich noch so wenig Sinn ergibt. Keine noch so kleine Minderheit bleibt außen vor, hat man den Eindruck. Die siebenteilige Horrorreihe „Wrong Turn“ zeigt, wie sehr der Zeitgeist auch kleinere Produktionen beeinflusst.

Eine positive Überraschung

„Wrong Turn“, also das Original von 2003, war als Schauerfilm eine sehr positive Überraschung. Inhaltlich wurde zwar das Rad nicht neu erfunden, dennoch war der Film unterhaltsam und spannend. Gezeigt wurde, wie eine Gruppe Menschen in einem abgelegenen Waldgebiet in West Virginia eine falsche Abzweigung, also den namengebenden „wrong turn“, nimmt und nach einer Autopanne brutal von degenerierten und kannibalisch veranlagten Hinterwäldlern gejagt wird.

Eine einsame Hütte im Wald, weitab von der Zivilisation – das ist ein beliebtes Setting im Horrorfilm: auch in „Wrong Turn“ von 2003. (Foto: Pixabay)

Nach zwei Fortsetzungen 2007 und 2009 folgte mit dem vierten und fünften Teil ein Reboot der Reihe – das heißt, es wurde eine Hintergrundgeschichte erzählt, die dem bisher Bekannten widersprach. 2014 kam es mit „Wrong Turn 6: Last Resort“ zu einem zweiten Reboot. Nachdem es einige Jahre ruhig um die Reihe gewesen war, folgte 2021 eine weitere Fortsetzung, die nun schlicht „Wrong Turn“ (wie auch der Originalfilm) betitelt wurde. Es liegt somit erneut ein Reboot vor, der bereits dritte. Anders als der Titel vermuten lässt, handelt es sich nicht um eine Neuverfilmung des Originals. Es wird vielmehr eine gänzlich neue Geschichte erzählt.

Neuer Ort und neue Handlung

Diese bricht deutlich mit den Vorgängern. „Wrong Turn“ gehörte dem berüchtigten Splatter- Genre an, das heißt, man bekam neben nervenaufreibende Hetzjagden viel Blut zu sehen. Manche Ermordungen waren dabei sehr drastisch in Szene gesetzt und nichts für schwache Nerven. Da sah man etwa schon mal, wie eine Axt einen Schädel spaltete oder Gedärme aus dem Leib gerissen wurden.

Das ist nun Vergangenheit. Die Kannibalen wurden gestrichen, stattdessen stoßen die in den Appalachen bei einer Wanderung vom Weg abgekommenen Protagonisten auf einen nur „The Foundation“ genannten Kult, der abgewandt von der Gesellschaft in einer Waldsiedlung auf einem Hügel lebt. Auch die Gewalt wurde deutlich verringert, sodass der jüngste Teil der „Wrong Turn“-Reihe nun mehr eine Mischung aus Thriller und Schauerfilm darstellt. Damit wurden aber die bisherigen Merkmale der Reihe aufgegeben.

Ob man dies als „Verrat“ an der Reihe oder kreativen Neuanfang sieht, darf dabei jeder für sich selbst beantworten. Zumindest hatten die Macher den Mut, etwas Neues zu machen, und nicht den x-ten Aufguss desselben Themas vorzulegen. Weitaus schwerer als die veränderte Ausgangslage wirkt sich nun aber aus, dass der Film deutlich den derzeitigen Zeitgeist abbildet und politische Botschaften enthält.

„Diversität“ vom Reißbrett

So haben wir es bei den Hauptdarstellern mit einem sogenannten „interracial couple“ zu tun: Jen ist eine junge weiße Frau und blond, ihr Freund Darius ist Schwarzer – eine vor allem in der Werbung häufig anzutreffende Verbindung. An einer Stelle, wo man die beiden im Bett liegen sieht, träumt Darius davon, dass er in einer Welt leben möchte, wo nur die Leistung des Einzelnen zählt und nicht die Hautfarbe. Der Bezug zu gegenwärtigen, wiederholt durch die Medien gegangene Themen ist ersichtlich.

Begleitet werden Jen und Darius von zwei weiteren Pärchen: Das eine ist weiß und heterosexuell, das andere hingegen schwul und stellt eine weitere Mischbeziehung dar – der eine Partner sieht nahöstlich aus, der andere ostasiatisch. Eine im heutigen Amerika sicher eher selten anzutreffende Verbindung, die auch im Film nicht weiter erläutert wird. Hier sieht man deutlich, dass die Macher offenbar unbedingt möglichst viel sogenannte „Diversität“ im Film unterbringen wollten.

Der Reboot von „Wrong Turn“ enthält viel Regenbogen und „Diversität“. (Foto: Pixabay)

Allerdings ist das, was man in „Wrong Turn“ sieht, nicht das reale Amerika der Gegenwart, sondern ein Wunschbild. Die gezeigte Gruppe wirkt dabei einfach nicht authentisch. Man merkt sichtlich, dass sie auf dem Reißbrett der politischen Korrektheit gestaltet worden ist. Die Wahrscheinlichkeit, einer solch bunten Truppe tatsächlich irgendwo über den Weg zu laufen, dürfte wohl eher gering sein. Dabei waren bereits die früheren „Wrong Turn“-Teile ethnisch vielfältig ausgefallen, aber dort wirkte es eben noch glaubhaft, man dachte nicht groß darüber nach.

Gefahr aus den Wäldern – und der Vergangenheit

Die Handlung des jüngsten Teils wurde nun von West Virginia ins benachbarte Virginia verlagert. Das wirkt zunächst nebensächlich, hat aber durchaus seine Bedeutung. Unsere diversen Helden bewegen sich nämlich außerhalb der Wälder auch in einem gefährlichen, wenn nicht sogar für sie noch viel gefährlicheren Gebiet: So gelangt man anfangs in eine Kleinstadt, in der noch deutlich die Vergangenheit zu spüren ist – der Geist der Südstaaten.

Kategorien
Medienkritik

Das Töten begann nicht am 24. Februar

Vor genau einem halben Jahr begann das, was englischsprachige Medien bedrohlich eine „full-scale invasion“ nannten: Russische Truppen marschierten in der Ukraine ein und beschossen Militärstellungen bis weit in den Westen des Landes. Zeitweilig schien die Hauptstadt Kiew kurz vor dem Fall zu stehen. Seither haben sich die Kämpfe in den Donbass und den Süden der Ukraine verlagert. Der Frontverlauf ändert sich nur noch langsam.

Ein verlassener russischer Panzer mit dem Z-Symbol in den ersten Wochen des Krieges. Die Aufnahme, die in der Region Donezk entstanden sein soll, stammt vom ukrainischen Verteidigungsministerium. (Foto: armyinform.com.ua/CC BY 4.0 via Wikimedia Commons)

Wenn Journalisten hierzulande über den russischen Einmarsch in der Ukraine schreiben, den sie als einen „völkerrechtswidrigen Angriffskrieg“ oder „Überfall“ bezeichnen, blenden sie die Vorgeschichte des Konflikts meist aus. Zum Verständnis dessen, was vor sechs Monaten zur Eskalation führte, ist deren Kenntnis aber unerlässlich. Das Töten hat nämlich nicht erst mit Russlands Angriff auf die Ukraine am 24. Februar begonnen. Seit acht Jahren bekämpfen sich im Donbass, in den Regionen Lugansk und Donezk, ukrainische Truppen und prorussische Separatisten. Kein Krieg, den Europa in den vergangenen Generationen erlebt hat, dauerte länger. Tausende starben, darunter auch zahlreiche Zivilisten: Frauen, Kinder, Alte.

Journalist Ulrich Heyden kennt den Konflikt

Anders als viele westliche Journalisten kennt Ulrich Heyden den Konflikt aus eigener Anschauung. Seit 2014 war der Osteuropa- und Kriegs-Korrespondent, der vorwiegend für linksgerichtete deutsche Medien und den staatsnahen russischen Sender RT schreibt, aber auch für den Deutschlandfunk und die Bundestags-Zeitschrift „Das Parlament“ tätig war, immer wieder in der Ukraine. Er hat erlebt, wie sich im Osten des Landes aus den Protesten der russischsprachigen Minderheit gegen Bevormundung und kulturelle Ausgrenzung ein rücksichtslos geführter Bür­gerkrieg entwickelte.

Buchautor Ulrich Heyden bei einer Veranstaltung der Links-Fraktion im Deutschen Bundestag 2018. (Foto: Fraktion Die Linke im Bundestag/Flickr/CC BY 2.0)

Dadurch, dass Heyden näher als andere Journalisten an dem Konflikt dran ist, erhält sein Buch, das er etwas sperrig, aber zutreffend „Der längste Krieg in Europa seit 1945“ überschrieben hat, eine beson­dere Note. Seine Perspektive liegt nicht nur auf der Politik, die durch ihr Handeln zum Scheitern des Minsker Friedensabkommens beitrug, oder auf den Militärs und Freiwilligen-Verbänden, die sich in Schützengräben und an Frontlinien erbittert bekämpfen. Sie liegt auch auf den Menschen im Donbass, die mehr als alle anderen unter der jahrelangen Ge­walt leiden: weil ihre Wohnhäuser zerbombt werden, ihre Versorgung mit Wasser oder Elektrizität versagt oder Kiew ihnen ihre Sozialleistungen kappt.

Anschaulich und ohne Scheuklappen

Das bei der Hamburger Selfpublishing-Plattform Tredition erschienene Werk ist im Kern eine Sammlung von Beiträ­gen, die Heyden im Verlauf der vergangenen acht Jah­re für verschiedene Medien verfasste. Auch wenn man es dem Buch anmerkt, dass es offenbar nach Russlands Einmarsch eilig zusammengestellt wurde, ist es doch unbedingt lesenswert: Erschreckend anschaulich und schonungslos führt Heyden die Eskalation im Osten der Ukraine vor Augen – ohne ideologische Scheuklappen und ohne Rücksicht auf verbreitete westliche Narrative.

Frank Brettemer

Kategorien
Medienkritik

Den Bock zum Gärtner gemacht

Linke Extremisten als Stars eines Kinofilms? Nicht nur Opfer linker Gewalt sollten da Bauchschmerzen bekommen. Regisseurin Julia von Heinz, die früher selbst der linken Szene angehörte, hat mit ihren Stars offensichtlich weniger Probleme: Ihr Film „Und morgen die ganze Welt“ porträtiert eine Gruppe militanter Anhänger der „Antifa“. Aus ihrem lautstarken, zunächst aber friedlichen Protest gegen (vermeintliche) Rechtsextremisten erwächst ein neuer linker Terrorismus. Der Film ist bei Alamode auf DVD und Blu-ray erschienen.

„Und morgen die ganze Welt“ ist durchaus mitreißend inszeniert. Das intensive, glaubwürdige Spiel der Darsteller vermag zu überzeugen. Der Zuschauer verfolgt knapp zwei Stunden lang den sich langsam, aber unaufhaltsam zuspitzenden Kampf von Hauptfigur Luisa (Mala Emde) und ihren Mitstreitern. Die Tochter aus gutem Haus geriet über Freundin Batte (Luisa-Céline Gaffron) an ein linkes Wohnprojekt und driftet immer stärker in die gewaltbereite „Antifa“-Szene ab.

Ihr Protest gegen eine rechte Partei führt Luisa (Mala Emde) immer weiter in die Abgründe eines neuen linken Terrorismus. (Foto: Oliver Wolff/Alamode Film)

Ob die Schlacht, die Luisa glaubt, kämpfen zu müssen, wirklich sinnvoll ist und ob sie mit den richtigen Mitteln ausgefochten wird – das steht für Luisa außer Frage. Auch die linksalternative Parallelwelt, in die die großbürgerliche Luisa eintaucht, steht nicht zur Diskussion. So hinterlässt der Film einen äußerst faden Geschmack. Für Julia von Heinz sind die Links­extremisten keine wirklichen Täter, sondern lediglich Getriebene ihres vermeintlich legitimen Widerstands gegen „Rechts“.

Freundin Batte will zwar von einer militanten Lösung nichts wissen. Und auch Ex-Terrorist (Andreas Lust), bei dem Luisa, Alfa (Noah Saavedra) und Lenor (Tonio Schneider) zwischenzeitig Unterschlupf finden, warnt vor „einfachen Antworten“ – das war es dann aber auch schon mit der Dis­tanzierung. Aus einem legitimen Protest gegen die politische Rechte erwächst in „Und morgen die ganze Welt“ Selbstjustiz. Sogar Spreng­stoffanschläge heißt der Film letztlich gut – solange sie die „richtigen“ Gegner treffen.

Das stellt eine gefährliche Reinwaschung politisch motivierter Gewalttaten dar, für die es in einer rechtsstaatlichen Demokratie keine Rechtfertigung geben kann. Vor dem Hintergrund der aktuellen Kriminalstatistik kann die Kritik kaum deutlicher sein: Gewalt geht demnach nämlich häufiger von Links- als von Rechts­extremisten aus.

Nein, wer gewaltbereite Links­extremisten als Verbündete der Demokratie hofiert und ihr illegales Handeln verherrlicht, der macht den Bock zum Gärtner. Genau das tut „Und morgen die ganze Welt“ – und wird dafür von zahlreichen Medien auch noch gefeiert. Hätte Regisseurin von Heinz sich keiner linken Zelle, sondern einer Terrorgruppe von Neonazis oder Skinheads angenommen – der mediale Aufschrei wäre zu Recht vernichtend gewesen.

Frank Brettemer