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Eine Minderheit terrorisiert die Mehrheit

Es sind Szenen, die man ansonsten nur aus Kriegsgebieten kennt. Überall knallt es, es raucht und brennt. Menschen rennen geduckt umher, suchen verzweifelt Deckung. Der Beschuss geschah nicht an der Front in der Ukraine, nicht im Jemen oder in Syrien. Die Bilder, die im Internet kursieren und die brennende Fahrzeuge und Raketen zeigen, die auf belebten Straßen explodieren, stammen dem Vernehmen nach aus Berlin. Aus der deutschen Hauptstadt. Aus der Silvesternacht. Nun steht erneut ein generelles Böllerverbot im Raum. Und damit das Ende einer Tradition, die den Jahreswechsel seit Generationen prägt.

„Gezielt gegen Menschen“

Pyrotechnik sei „ganz gezielt als Waffe gegen Menschen eingesetzt“ worden, kritisiert Stephan Weh, Berliner Landesvorsitzender der Gewerkschaft der Polizei. Und Jürgen Resch beklagt: „Unsere Befürchtungen wurden von der Realität noch übertroffen.“ Die Deutsche Umwelthilfe (DUH), deren Geschäftsführer Resch ist, hatte bereits zuvor ein bundesweites Böllerverbot gefordert. Durch die jetzigen Exzesse sieht sie sich bestätigt. Bei ihrer Forderung beruft sich die DUH auf eine Umfrage, wonach im Oktober eine knappe Mehrheit von 53 Prozent der Befragten ein Verbot des privaten Feuerwerks begrüßt hatten.

Nicht überall verlief der Jahreswechsel zum neuen Jahr 2023 friedlich. In Berlin erinnerten manche Straßen einem Kriegsgebiet. (Foto: Pixabay)

Dass der jüngste Jahreswechsel wieder lauter und explosiver werden würde, war dennoch erwartbar gewesen. Nach der durch Corona-Maßnahmen erzwungenen relativen Ruhe der Silvesternächte 2020 und 2021 haben die Deutschen ihre Lust an Raketen, Knallerbsen und Böllern diesmal wiederentdeckt. Allen Umfragen zum Trotz. Mancherorts waren die explosiven Silvester-Artikel schnell ausverkauft. Und das, obwohl die Kunden teils deutlich tiefer in die Tasche greifen mussten als vor Pandemie und Rekord-Inflation.

Eine Art Kriegszustand

Schwere Verletzungen wie abgerissene Hände und entstellte Gesichter kommen an Silvester immer wieder vor. Der Jugendliche, der sich in Leipzig beim Einsatz von Pyrotechnik so schwer verletzte, dass er im Krankenhaus starb, war beileibe nicht der erste Tote, der am Ausgang des Jahres zu beklagen ist. So schlimm wie diesmal aber war es Medienberichten zufolge noch nie. Und nirgends war die Nacht zum 1. Januar offenbar so schlimm wie in Berlin. Statt unbeschwerter Feierlaune prägte manchen Straßenzug in der Hauptstadt eine Art Kriegszustand. Mehr als 30 Einsatzkräfte wurden verletzt.

Jürgen Resch ist einer von drei Geschäftsführern der Deutschen Umwelthilfe. (Foto: DUH/Steffen Holzmann)

„Es kann nicht sein, dass unsere Leute gefährdet werden, fast überfahren werden, und hinterher wird es als Bagatelldelikt dargestellt“, beklagt Karl-Heinz Banse, Präsident des Deutschen Feuerwehr-Verbands. Randalierer hatten in Berlin nicht nur Polizeibeamte angegriffen, sondern auch Feuerwehr-Leute und Sanitäter attackiert. Mit Raketen, aber auch mit Bierkisten, Knüppeln und Steinen. Deutschland habe „eine Aggressivität in einer noch nie dagewesenen Form“ erlebt, sagt DUH-Chef Jürgen Resch. Und begründet damit seine Forderung nach einem totalen Feuerwerk-Verbot.

Gewalttätige Minderheit

Tatsächlich könnte das Abhilfe schaffen. Ohne Raketen und Böller kein Beschuss von Polizei und Rettungskräften. So die vordergründig bestechende Logik der DUH. Dass das eigentliche Problem ein anderes ist, macht Resch selbst deutlich – vielleicht unbeabsichtigt. „Es ist eine Minderheit, die die Silvesternacht ausnutzt und mit Pyrotechnik die große Mehrheit terrorisiert“, sagt er. Welchem Milieu die Silvester-„Terroristen“ entstammen, ist ein offenes Geheimnis. Dies auch auszusprechen, ist allerdings politisch nicht opportun.

Da ist es einfacher, ein unterschiedsloses Verbot des privaten Feuerwerks zu fordern. Dies würde zwar auch die gewalttätige Minderheit treffen. Aber eben auch die „große Mehrheit“, die sich nichts zu schulden hat kommen lassen. Die einfach nur ihre Silvester-Feier genießen will. Und ob ein Verbot die Bereitschaft der Minderheit zur Gewalt gegen Personen und Sachen eindämmt, dürfte zumindest äußerst fraglich sein.

Thomas Wolf

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Weihnachten: Mehr als nur ein kirchliches Fest

Auch wenn das immer mehr Menschen nicht präsent oder zumindest egal ist: Weihnachten ist das Fest der Geburt Jesu Christi. Eines Mannes, den Milliarden Christen weltweit als Sohn Gottes verehren. Jeder Versuch, die christliche Feier zu einem Winter- oder Lichtfest umzudeuten, ist daher zum Scheitern verurteilt. Das darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass Weihnachten längst mehr ist als die Erinnerung an die Geburt des Mannes aus Nazareth vor gut 2000 Jahren, dessen Leben und Wirken die Weltgeschichte wie die keines Zweiten verändert hat. Weihnachten ist das wohl wichtigste Fest, das in Deutschland begangen wird. Ein wesentlicher Bestandteil der deutscher Kultur. Ein Fest des Friedens und der Familie für jede Religion. Und auch für Menschen ohne religiöse Prägung.

Weihnachten auf ein reines Winterfest zu reduzieren, greift zu kurz. Ohne seine christlichen Wurzeln ist das wichtigste Fest der Deutschen, das an die Geburt Jesu Christi erinnert, nicht denkbar. (Foto: Pixabay)

Dass Christi Geburt ausgerechnet am 24./25. Dezember gefeiert wird, dürfte auf ein altrömisches Fest der winterlichen Wiedergeburt des Sonnengottes Sol zurückzuführen sein. Zumindest ist das eine gängige Theorie. Die frühen Christen identifizierten ihren Heiland offenbar mit dem römischen Gott oder wenigstens mit dessen Symbol, der Sonne. Auch eine Verbindung zu dem aus persischem Raum stammenden Mithras-Kult der Spätantike ist möglich. Ein Zusammenhang mit Winterfesten der alten Germanen wird zwar in populärwissenschaftlichen Büchern immer wieder diskutiert, gilt aber als unwahrscheinlich. Gut möglich ist jedoch, dass bestimmtes Brauchtum wie die weihnachtliche Nutzung von Tannengrün im Kern auf germanische Ideen zurückgeht.

Fest der bürgerlichen Familie

Sicher ist, dass spätestens im 19. Jahrhundert das rein christliche Weihnachtsfest eine neue Gestalt annahm. Es wurde zu einem Fest der bürgerlichen Familie. An Heiligabend und am 25. Dezember versammelte man sich um den Christbaum, aß und feierte mit den Verwandten und machte sich gegenseitig mit Geschenken eine Freude. Dazu wurden adventliche Lieder wie das 1818 erstmals aufgeführte „Stille Nacht, heilige Nacht“ gesungen. Noch im Mittelalter waren Geschenke eher mit dem Gedenktag des heiligen Nikolaus verbunden. Der spätantike Bischof aus Kleinasien galt als Gabenbringer, dessen Werk fortgesetzt wurde.

Der amerikanische Santa Claus geht auf den heiligen Nikolaus zurück. Vom deutschen Weihnachtsmann unterscheidet er sich vor allem dadurch, dass er seine Geschenke mit einem Rentier-Schlitten ausliefert. (Foto: Douglas Rahden)

Martin Luther, der mitteldeutsche Reformator und Begründer des evangelischen Christentums, steht am Anfang des weihnachtlichen Schenkens. Er lehnte den katholischen Heiligenkult ab – und damit auch den Nikolaus. Statt seiner sollte der „Herre Christ“ die Menschen bescheren. Eben an Weihnachten. Aus ihm wurde schließlich das Christkind. Heute gilt es vor allem im überwiegend katholischen Süden des deutschen Sprachraums als weihnachtlicher Gabenbringer. Im protestantischen Norden dagegen bringt meist der Weihnachtsmann die Geschenke. Ironischerweise also gerade die säkulare Version des Nikolaus. In den USA wurde der übrigens zum Santa Claus. Mit knallrotem Mantel und Rentier-Schlitten.

Den Tannenbaum mitgebracht

Der Kern des heute weltweit verbreiteten Weihnachts-Brauchtums stammt also aus Deutschland. Albert von Sachsen-Coburg und Gotha, fränkisch-thüringischer Prinzgemahl der britischen Königin Victoria, soll das wohl typischste Utensil der deutschen Weihnacht mit nach England gebracht haben: den Tannenbaum. Heute ist er nirgendwo mehr wegzudenken. In den USA nicht, aber auch nicht im mehrheitlich muslimischen Syrien, wo Christen nur eine kleine Minderheit stellen. Auch Weihnachtsmärkte sind längst weltweit verbreitet. Und nicht mehr nur in Wien, München oder Bautzen, wo ihre Tradition historisch am weitesten zurückreicht.

Weihnachtsbäume in Chile. Hier findet das Fest der Geburt Christi im Sommer statt. (Foto: W. Bulach/CC BY-SA 4.0 via Wikimedia Commons)