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Klima-Ideologie vor Glaubwürdigkeit

Erwartungsgemäß hat der Bundestag mit der Mehrheit der Ampel-Koalition das umstrittene Gebäudeenergiegesetz beschlossen. Für das Vorhaben stimmten 399 Abgeordnete. 275 Parlamentarier votierten dagegen, fünf enthielten sich. Das vom Volksmund als Heizungsgesetz bezeichnete Gesetzeswerk zielt darauf ab, die traditionellen Öl- und Gasheizungen, die in Deutschland in mehr als 70 Prozent aller Privathaushalte zum Einsatz kommen, schrittweise durch andere Heizungsarten zu ersetzen. Solche nämlich, die nach Ansicht der Regierung klimafreundlicher sind.

Kältemittel umweltschädlich

Vor allem sind das Wärmepumpen. Ob die aber dem Klima wirklich zuträglicher sind, ist umstritten. Lässt man die grüne Ideologie-Brille einmal beiseite, so bleibt eine Heizungsart, die nicht nur das Vielfache einer klassischen Öl- oder Gasheizung kostet, sondern deren Lebensdauer auch merklich darunter liegt. Für Wohngebäude ohne Fußboden-Heizung ist sie eigentlich nicht das Mittel der Wahl. Manche Kritiker berechnen sogar einen höheren Ausstoß von Klima-Gasen als bei Öl und Gas. Ganz davon abgesehen, dass die in Wärmepumpen verwendeten Kältemittel in vielen Fällen umweltschädlich sind.

Gilt Politik und Medien als klimafreundliche Heizungsform: eine Wärmepumpe. Aber ist das zutreffend? (Foto: gemeinfrei)

Aufzuhalten wird das Gesetz wohl dennoch nicht sein. Wohl noch diesen Monat muss es zwar den Bundesrat passieren. Doch das ist kaum mehr eine Formalie. Selbst wenn die Länderkammer Einspruch einlegen sollte, ist das Gebäudeenergiegesetz damit nicht gescheitert. Vielmehr kann der Bundestag den Einspruch des Bundesrats mit der Mehrheit der Ampel-Koalitionäre zurückweisen. Und genau das wird er im Fall des Falles auch tun. Das Gesetz gilt nämlich als nicht zustimmungspflichtig.

Sozial ausbalanciert?

Das GEG sei sozial ausbalanciert, sagte Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) heute im Bundestag noch einmal. Keiner wird zurückgelassen“, hieß es bereits zuvor mantra-artig aus der Ampel-Koalition, seit Befürchtungen laut wurden, die Klimapolitik der Regierung würde die Bürger in den Ruin treiben. „Wir haben uns fest vorgenommen, dass wir sicherstellen, dass alle unterstützt werden, die Unterstützung brauchen“, betonte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) noch Ende August in einem Interview mit dem MDR mit Blick auf das geplante dritte Energie-Entlastungspaket.

„Wir gucken genau auf die Situation von Familien, von Rentnerinnen und Rentnern, von Studierenden“, versicherte der Kanzler in dem Interview. „Wir werden auch dafür sorgen, dass diejenigen, die verdienen, aber trotzdem rechnen müssen, auch steuerlich entlastet werden.“ Die Zweifel der Bürger aber blieben. Und ebenso die Angst um die eigene Existenz im Angesicht der erwartbaren hohen Energiekosten. Wirklich transparent sind die Energie-Gesetze auch nach zahlreichen Nachbesserungen nicht, die die massive Kritik nach sich zog. Und kostengünstiger wird es für die Bürger schon mal gar nicht.

Bundeskanzler Olaf Scholz hat versprochen, die Bürger finanziell zu entlasten. (Foto: European Parliament / CC BY 2.0 via Wikimedia Commons)

Denn die Umrüstung auf erneuerbare Energien kostet. Das geben die Politiker unumwunden zu. Die Entlastung der Bürger hält sich entgegen aller Beschwichtigungen und Versprechungen aber in Grenzen. Oder wird sogar auf unbestimmte Zeit verschoben. Das Klimageld zum Beispiel, das die Regierung als sozialen Ausgleich für steigende CO2-Preise versprochen hat. Dieser Wortbruch erzürnt nicht nur Sozialorganisationen oder das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW). Auch die Klimaschützer von den „Fridays for Future“ fordern eine umgehende Einführung des in Aussicht gestellten Klimageldes. Vergeblich! Dabei soll schon 2024 der CO2-Preis um ein Drittel steigen.

Historische Vertrauens-Krise

DIW-Präsident Marcel Fratzscher warnt, die größte Gefahr für den Klimaschutz sei fehlende Akzeptanz. Ganz abgesehen davon droht der Regierung ein weiterer fataler Glaubwürdigkeits-Verlust. Noch dazu in einer Zeit, in der die Koalition ohnehin in einer historischen Vertrauens-Krise steckt. Oder geht es am Ende gar nicht um soziale Ausgewogenheit? Oder um Glaubwürdigkeit? Sondern schlicht darum, die Bürger zu gängeln. Und einer Ideologie zu unterwerfen, die trotz aller Kompromisse im Heizungsgesetz noch immer die Diskussionen um den Klimaschutz prägt.

Anna Steinkamp

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Das Wohl des Volkes kümmert wenig

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier sieht „raue Jahre“ auf Deutschland zukommen. In einer Rede an die Nation stimmte der Hausherr von Schloss Bellevue die Menschen im Land heute auf einen beispiellosen Verlust von Wohlstand und Sicherheit ein. Deutschland befinde sich in der tiefsten Krise seit der Vereinigung der beiden deutschen Staaten 1990. Damit liegt Steinmeier gewiss nicht falsch. Aber er untertreibt noch: Betrachtet man die Höhe der Inflation, so stellt die gegenwärtige Krise, an der die westlichen Sanktionen gegen Russland einen gewaltigen Anteil haben, die größte seit dem Zweiten Weltkrieg dar. Und ein Ende ist nicht absehbar. Das betont auch der Bundespräsident, wenn er sagt, dass es auch nach diesem Winter „kein einfaches Zurück“ geben werde.

Ein „Epochenbruch“

Den russischen Einmarsch in der Ukraine am 24. Februar nennt Steinmeier einen „Epochenbruch“. Dass ausgerechnet der frühere Bundesaußenminister, der federführend am Minsker Friedensprozess beteiligt war, die Vorgeschichte der Invasion völlig außer Acht lässt, spricht Bände. Steinmeier durfte lange nicht nach Kiew reisen und musste sich vom früheren ukrainischen Botschafter Andrij Melnyk mehrfach anhören, er sei in der Vergangenheit zu sehr auf russischer Seite gestanden. Der Vorwurf ist angesichts der teils harschen westlichen Kritik am Kreml zwar absurd, in Zeiten wie diesen aber wirkungsvoll. Steinmeier sah sich offenbar gezwungen, den Makel einer (nur vermeintlichen) Nähe zu Moskau abzuwischen. Das ist ihm mit seiner Rede gelungen.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier bei einem Besuch bei Wladimir Putin 2017. Kritiker unterstellen Steinmeier eine Nähe zum Kreml, die zumindest fragwürdig ist. (Foto: Kremlin.ru/CC BY 4.0 via Wikimedia Commons)

Der Bundespräsident hat heute aber noch etwas deutlich gemacht: Wohl und Wehe des deutschen Volkes, das er eigentlich als überparteiliches Staatsoberhaupt vertreten sollte, kümmern ihn wenig. Stattdessen gelobt er der Ukraine weiterhin bedingungslos Unterstützung – und lehnt einen schnellen Frieden mit Russland ab. Was kümmert es, wenn deutsche Haushalte bald ihre Energiekosten nicht mehr stemmen können? Hauptsache, der milliardenschwere Wiederaufbau der Ukraine ist in trockenen Tüchern! Steinmeier setzt damit die Politik der Ampel-Koalition mit anderen Mitteln fort, statt ihr im Interesse der Bundesbürger wortgewaltig Einhalt zu gebieten. Er offenbart sich damit als verlängerter Arm des Kanzleramts: als Ampel-Mann von Bellevue.

Achtjähriger Bürgerkrieg

Aus Sicht der Regierung und ihrer Unterstützer in Gesellschaft und Medien mögen die Sanktionen gegen Russland verständlich sein. Die russischen Angriffe auf die Ukraine, die zivilen Opfer, die möglichen Kriegsverbrechen zu verurteilen, ist nachvollziehbar. Auch für denjenigen, der die „spezielle Militäroperation“ des Kreml nur als verzweifelten Versuch sieht, einen achtjährigen Bürgerkrieg im Osten der Ukraine zu beenden, dem rund 15.000 Menschen zum Opfer gefallen sind. Aber: Jedes Verständnis endet dort, wo das eigene Volk unter den Einschränkungen mehr leidet als der Adressat der Sanktionen.

Dabei müsste all dies nicht sein. Deutschland war historisch – von unrühmlichen Ausnahmen abgesehen – stets bemüht, für einen Ausgleich mit Russland zu sorgen. Michail Gorbatschow sah sein Land als Teil des „gemeinsamen Hauses Europa“. Und Wladimir Putin träumte zu Beginn seiner Amtszeit sogar von einer NATO-Mitgliedschaft der Russischen Föderation. Der Westen aber wollte nicht – allen voran die USA. Die Vereinigten Staaten forcierten stattdessen eine „geopolitische Isolierung Russlands“ bis hin zu einer „Dämonisierung“, betont der Münchner Politologe Günther Auth, Experte für internationale Beziehungen.

Schloss Bellevue, der Berliner Amtssitz des Bundespräsidenten. Als Staatsoberhaupt soll er politisch neutral und überparteilich wirken. (Foto: A. Savin/CC BY-SA 3.0 via Wikimedia Commons)

So geriet Deutschland zwischen die Fronten eines globalen Konflikts, der seit dem 24. Februar immer offener zu Tage tritt. Weil es der Bundesrepublik als Teil der EU und der NATO seit jeher an nationalem Selbstbewusstsein mangelt, sieht man im politischen Berlin zwar die Interessen der Ukraine und der Amerikaner und würdigt das Sicherheitsbedürfnis Polens und der baltischen Staaten, die sich von Russland bedroht fühlen. Die Interessen des eigenen Volkes aber sieht man nicht – weder im Kanzleramt noch im Schloss Bellevue. Auch das Interesse, das die USA etwa an einer Störung der russischen Energielieferungen nach Mitteleuropa haben, will man nicht sehen.

Versorgungssicherheit nicht gewollt?

Wochen nach den Sabotage-Angriffen auf die beiden Ostsee-Pipelines Nord Stream 1 und 2 zeichnet sich nicht nur immer deutlicher ab, dass die Zerstörungen kaum ohne das Wissen und die Zustimmung Washingtons hätten vonstatten gehen können. Nach Ansicht des russischen Staatskonzerns Gazprom steht ebenso fest, dass einer der beiden Stränge von Nord Stream 2 unbeschädigt ist. Eine Erdgas-Lieferung dürfte sich also technisch ziemlich einfach realisieren lassen. Obwohl das die Versorgungssicherheit wiederherstellen würde, blockt die Bundesregierung ab. Eine Verfügbarkeit sei „aktuell nicht gegeben“, heißt es aus Berlin. Bevor man den Russen Recht gibt, lässt man die Bürger lieber frieren.

Thomas Wolf

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Im Blickpunkt

Wird bald der Gasverbrauch begrenzt?

Der private Gasverbrauch liegt aktuell höher als im selben Zeitraum der Vorjahre. Das meldet die Bundesnetzagentur. Aufmerksamen Beobachtern dürfte zwar aufgefallen sein, dass dies daran liegt, dass die herbstlich-kühlen Temperaturen diesmal früher einsetzten als in den vergangenen Jahren. Dennoch schlägt die Behörde Alarm. Jetzt komme es „auf jeden Einzelnen“ an. Gemeint ist damit: Die Bundesbürger sollen sparen, ihre Heizungen drosseln, seltener, kürzer und vor allem kälter duschen. Und das natürlich ausgerechnet in der kühlen Jahreszeit.

Robert Habecks Sparappelle

Unausgesprochen schwingt bei der Mahnung der Bundesnetzagentur mit, dass künftig der private Gasverbrauch begrenzt werden könnte. Die Aussage von Wirtschaftsminister Robert Habeck, wonach trotz des neuen milliardenschweren Hilfspakets der Bundesregierung weiterhin Gas eingespart werden müsse, sorgt im Internet gleichfalls für Diskussionen. Wollte auch Habeck damit andeuten, dass die Regierung eine Gas-Obergrenze für private Haushalte einführen könnte, wenn alle Sparappelle nichts bringen?

Der grüne Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck bei einem Wahlkampf-Auftritt in Köln. (Foto: © Raimond Spekking/CC BY-SA 4.0 via Wikimedia Commons)

Der Unmut in der Bevölkerung jedenfalls wächst. Immer mehr Menschen gehen auf die Straße und protestieren gegen eine in ihren Augen völlig verfehlte Energiepolitik. Auch die Sanktionen gegen Russland, die den Kreml offensichtlich nicht von seinem Kurs abbringen und vielmehr dem eigenen Land massiv schaden, stehen in der Kritik. Die Menschen verstehen zudem nicht, wie Politik und Medien ohne Beweise Russland für die Sprengung der beiden Gas-Pipelines Nord Stream 1 und 2 verantwortlich machen können, ja sogar von einem russischen „Energiekrieg“ sprechen. Ein anderer potenzieller Schuldiger bleibt dagegen unbehelligt. Die Vereinigten Staaten nämlich.

Speicherziel nicht zu erreichen?

Bereits Wochen vor den Attentaten floss durch Nord Stream 1 kein Gas mehr. Dennoch sind die deutschen Gasspeicher derzeit zu über 91,5 Prozent gefüllt. Bis zum 1. November müssten sie einen Füllstand von 95 Prozent erreichen. Der Gasspeicherverband „Initiative Energien Speichern“ ist skeptisch, ob dieses Speicherziel erreicht werden kann. Sein Geschäftsführer Sebastian Bleschke sagte der Deutschen Presseagentur: „Die steigenden Gasverbräuche aufgrund fallender Temperaturen reduzieren zunehmend die Einspeichermöglichkeiten.“

Der Winter in Deutschland könnte kalt und ungemütlich werden. (Foto: Pixabay)

Ganz abgesehen davon sind Experten ohnehin nicht sicher, ob die deutschen Gasvorräte bis zum Ende der Heizperiode reichen werden. Als ausgeschlossen gilt dies, falls sich die kommenden Monate als ausgesprochen kalt erweisen sollten. So oder so könnte der Bundesrepublik ein ungemütlicher Winter bevorstehen. Nicht nur in den abgekühlten Privathaushalten. Auch auf den Straßen.

Thomas Wolf

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Wasser predigen und Wein trinken?

Baden-Württembergs grüner Ministerpräsident Winfried Kretschmann rät den Deutschen, sich mit dem Waschhandschuh zu waschen statt zu duschen. Auch Strom- und Energiespartipps von dem offenbar völlig überforderten Wirtschaftsminister Robert Habeck haben im Internet traurige Berühmtheit erlangt. Von vielen Bundesbürgern werden sie angesichts einer Krise, die zum Gutteil von der Regierung selbstverschuldet ist, zu Recht als Hohn begriffen. Nun ruft auch die Kirche in Gestalt des Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz die Deutschen zum Verzicht auf.

Bischof Georg Bätzing (Mitte), der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, bei einem Gottesdienst. (Foto: Christian Pulfrich/CC BY-SA 4.0 via Wikimedia Commons)

„Gerade wir hier im reichen Norden und Westen müssen zu einem anderen Lebensstil finden“, sagte der Limburger Bischof Georg Bätzing bei der Eröffnung der Herbstvollversammlung der Bischofskonferenz in Fulda. „Der kommende Herbst und Winter wird da aufgrund der Energiekrise ein realistisches Übungsfeld werden. Werden wir es durch Konsumverzicht und gelebte soziale Verantwortung schaffen, als Gesellschaft zusammenzuhalten, füreinander zu sorgen und nicht denen das Feld zu überlassen, die mutwillig Spaltungen provozieren und es darauf anlegen, unsere Demokratie zu destabilisieren?“

Kein „Weiter so!“

Wer insgeheim denke, man werde schon irgendwie ohne große Einschnitte im eigenen Wohlstand über die Runden kommen, der irre sich. Ein einfaches „Weiter so!“ sei höchst gefährlich. Zu lange schon sei die Begrenztheit der Erde verbissen ignoriert worden. „Wenn wir so weitermachen wie bisher, werden wir keine Zukunft haben“, warnte Bätzing. Das mag im Kern nicht mal falsch sein, klingt aber nicht anders als die Horrorszenarien der „Fridays for Future“ und anderer Weltuntergangs-Propheten. Und angesichts der Energiekrise ist es gleich doppelt problematisch.

Gerade die Kirche sollte vorsichtig sein mit solchen Ratschlägen. Seit Jahrzehnten, wenn nicht Jahrhunderten werfen ihr Kritiker vor, sie horte Reichtum. Tatsächlich dürfte die Institution Kirche zu den größten Grundbesitzern in Deutschland gehören. Schnell ist da der Vorwurf zur Stelle, die Kirche predige Wasser und trinke selbst Wein. Und das nicht einmal zu Unrecht! Auch wenn die Immobilien der Bistümer natürlich häufig jahrhundertealte Gotteshäuser und soziale Einrichtungen sind.

Den Mantel geteilt

Ermahnungen, die letztlich nur die „Tipps“ der Regierenden nachbeten, sind fehl am Platze. Sie verschärfen die gesellschaftliche Spaltung und liefern keine Lösung für die Krise. Bätzing und seine Amtskollegen sollten sich vielmehr darauf besinnen, was die irdische Kernkompetenz von Kirche ist: tatkräftige Hilfe und Solidarität für Menschen in Not. Durchaus auch unter Einsatz eigener Mittel. Der heilige Martin hat dem Bettler vor den Toren der Stadt im tiefsten Winter schließlich auch nicht gesagt, er müsse halt den Gürtel enger schnallen. Sondern er teilte seinen Mantel mit ihm, sodass er nicht erfrieren musste.

Statt nutzloser Ermahnungen ein Zeichen gelebter Nächstenliebe: Der heilige Martin von Tours teilt den Mantel mit einem Bettler. (Foto: Gebhard Fugel/gemeinfrei)

Die Kirchenführer sollten auch nicht vergessen, wofür jener Mann steht, der die Kirche vor 2000 Jahren begründet hat: Jesus Christus. Der Mann aus Nazareth wuchs in der Familie eines erfolgreichen Zimmermanns auf und gehörte damit bestimmt nicht zu den Ärmsten. Als Prediger war er stets unangepasst, ließ sich nicht den Mund verbieten und ergriff mutig Partei für die Schwachen und Unterdrückten. Damit machte er sich die Mächtigen seiner Zeit zum Feind – statt ihnen nach dem Maul zu reden.

Den Regierenden Paroli bieten

Das sage nicht nur ich – das sagt auch einer, der sich damit auskennt: Benediktinerpater Notker Wolf. Für ihn ist Jesus Christus das beste Beispiel für einen Menschen, der sich gegen die politische Korrektheit auflehnt. Und den Regierenden Paroli bietet. Die Kirche des Jahres 2022 könnte sich mehr als nur ein Scheibchen davon abschneiden.

Thomas Wolf

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Eines dürfte klar sein: Es war Sabotage

Es hat nur wenige Stunden gedauert, bis kaum noch ein ernsthafter Zweifel bestand: Die Lecks an den beiden Ostsee-Pipelines Nord Stream 1 und Nord Stream 2 gehen auf Sabotage zurück. Von „Zerstörungen, die an einem Tag gleichzeitig“ an drei Stellen entstanden, berichtet die Betreibergesellschaft. Bereits gestern war ein zunächst unerklärlicher Druckabfall in Nord Stream 2 festgestellt worden. In der Nacht folgte Nord Stream 1.

Da fällt es schwer, von einem reinen Zufall auszugehen, von einem Naturereignis oder dergleichen. Zumal derartige Schäden in dieser Häufung noch nie an einer Pipeline festgestellt wurden. „Immer wieder fällt das Wort Sabotage“, titelt tagesschau.de. Auch die Bundesregierung soll sich ersten Medienberichten zufolge dieser Schlussfolgerung anschließen. Eine offizielle Stellungnahme gab es aber zunächst nicht. „An Spekulationen beteiligen wir uns nicht“, hieß es aus dem Bundeswirtschaftsministerium.

„Aus gutem deutschen Stahl“

Wer könnte hinter einem solchen Anschlag auf die beiden deutsch-russischen Erdgas-Leitungen stecken? Sicherheitsbehörden gehen von einem staatlichen Akteur aus. Die Deutung liegt nahe. Um die unterseeisch verlaufenden Pipelines so schwer zu beschädigen, sind ein enormer Aufwand, technisches Wissen und die nötigen Gerätschaften erforderlich. Experten gehen von Spezialkräften wie Marinetauchern aus. Vielleicht war sogar ein U-Boot beteiligt. Ein privater Tauchausflug, um die Leitungen „aus massivem und gutem deutschen Stahl“ (Jürgen Trittin) nahe der dänischen Insel Bornholm zu zerstören, scheidet offensichtlich aus.

Experten vermuten, dass an dem Anschlag auf Nord Stream 1 und 2 Marinetaucher oder sogar ein U-Boot beteiligt waren. (Foto: Pixabay)

Die Frage, die nun gestellt werden muss, lautet: „Cui bono?“ – Wem nützt es? Polen brachte sogleich den Kreml ins Spiel: Eine russische Provokation könne hinter den Lecks stehen. „Leider verfolgt unser östlicher Nachbar ständig eine aggressive Politik“, wird Polens stellvertrender Außenminister Marcin Przydacz zitiert. „Wenn er zu einer aggressiven militärischen Politik in der Ukraine fähig ist, ist es offensichtlich, dass keine Provokationen ausgeschlossen werden können, auch nicht in den Abschnitten, die in Westeuropa liegen.“ Aber ist das wahrscheinlich?

Russland will weiter liefern

Russland hat stets betont, Deutschland ungeachtet des neuen Ost-West-Konflikts weiter Erdgas liefern zu wollen. Zwar steht Nord Stream 1 seit Wochen still, weil die russischen Behörden wegen des Öllecks in einer Kompressorstation einen sicheren Betrieb nicht mehr für möglich halten. Mehrfach skizzierte der Kreml, wie eine Lösung aussehen könnte: Die Bundesregierung müsste Nord Stream 2 die Betriebserlaubnis erteilen. Selbst wenn eine baldige Inbetriebnahme unwahrscheinlich war – eine Zerstörung wäre kontraproduktiv. Ein dauerhafter Stopp der Energielieferungen schadet Russland ebenso sehr wie Deutschland.

Ein Fährschiff auf der Ostsee. Die Behörden haben wegen des Gasaustritts aus den beiden Pipelines Nord Stream 1 und 2 eine Sperrzone eingerichtet. (Foto: Pixabay)

Die Verantwortlichen für den Anschlag dürften also wahrscheinlich woanders zu suchen sein. Möglich wären Polen, die Ukraine und die USA. Alle drei Staaten haben ein Interesse daran, dass die beiden Pipelines außer Betrieb gehen. Polen und die Ukraine, weil die Nord-Stream-Leitungen ihr Staatsgebiet umgehen und ihnen daher Durchleitungsentgelte entgehen. Die Vereinigten Staaten, weil sie Deutschland zum Kauf ihres teuren Flüssiggases drängen wollen. Dazu kommt nach Ansicht von US-Kritikern ein knallhartes geopolitisches Interesse: Washington torpediert die traditionell guten Beziehungen zwischen Deutschland und Russland, um die eigene Machtstellung nicht zu gefährden.

Wer auch immer letztlich seine Marinetaucher oder Sabotage-U-Boote Richtung Bornholm schickte: Er hat sein Ziel erreicht. Das deutsch-russische Projekt Nord Stream liegt komplett still. Für wie lange, ist noch nicht absehbar.

Thomas Wolf

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Die Lösung ist einfach: Nord Stream 2

Nord Stream 1 ist dicht. Weil bei einer routinemäßigen Inspektion der letzten verbliebenen Turbine in der Kompressorstation Protowaja ein Ölleck gefunden wurde, halten die russischen Behörden einen sicheren Betrieb der Erdgas-Leitung für unmöglich. Deutsche Politiker sehen in dem Lieferstopp ein politisches Manöver. Sie hatten allerdings bereits für die letzte Pipeline-Wartung im Juli prognostiziert, dass Russland den Hahn nicht wieder aufdrehen würde. Damals lagen sie falsch.

Reparatur liegt wegen der Sanktionen auf Eis

Jetzt also ist der Lieferstopp doch eingetreten. Er werde bis zur Reparatur der Turbine andauern, hat der russische Staatskonzern Gazprom verkündet. Eine Reparatur aber dürfte angesichts der westlichen Sanktionen gegen Russland erst einmal auf Eis liegen. Auch jene Turbine, deren Wartung in Kanada zum Politikum geriet, wartet noch immer in Deutschland auf den Weitertransport gen Russland. Gazprom möchte sie nicht zurücknehmen – man befürchtet, damit gegen die Sanktionen zu verstoßen, sich also letztlich im Westen strafbar zu machen.

Damals herrschte noch Eintracht zwischen Ost und West: Bundeskanzlerin Angela Merkel mit Russlands Präsident Dmitri Medwedew bei der Eröffnung der Pipeline Nord Stream 1 am 8. November 2011. (Foro: Kremlin.ru/CC BY 3.0 via Wikimedia Commons)

Das kann die Bundesregierung noch so sehr als vorgeschoben bezeichnen – Fakt ist, dass Russland damit die westlichen Sanktionen in Richtung ihrer Urheber umlenkt. Hier aber treffen sie nicht die Regierenden und die Unterstützer ihrer Sanktionspolitik. Hier treffen sie die einfachen Bürger. Von Tag zu Tag sind die potenziellen Folgen der verfehlten Politik besser zu überblicken: Vielen Menschen, auch aus der Mittelschicht, drohen angesichts extrem steigender Energiepreise und der damit einhergehenden massiven Probleme für den Industriestandort Deutschland Arbeitslosigkeit und Armut.

Preis-Explosion bei Erdgas

Die deutschen Gasspeicher sind zwar mittlerweile zu gut 85 Prozent gefüllt – und damit deutlich voller als vor genau einem Jahr. Über einen kalten Winter aber werden sie das Land wohl nicht retten, befürchten Experten. Entsprechend reagieren die Märkte: Seit Freitag stieg der Preis des Terminkontrakts TTF für niederländisches Erdgas um rund 35 Prozent – eine regelrechte Explosion. Tagesschau.de zufolge gilt der TTF-Kontrakt als Richtschnur für das europäische Preisniveau.

Das neuerliche Entlastungspaket, das die Bundesregierung schnürte und gestern der Öffentlichkeit präsentierte, nimmt sich angesichts des Preisschocks wie ein laues Lüftchen aus – bestenfalls. Nun sollen zwar auch Rentner die einmalige Energiepreispauschale in Höhe von 300 Euro erhalten. Davon wird jedoch kaum etwas übrig bleiben angesichts einer Erdgasumlage, die jeden Haushalt mehrere hundert Euro kosten wird. Der reguläre Preisanstieg, der bereits 2021 einsetzte, ist da noch gar nicht berücksichtigt.

Benzin und Diesel auf Rekordhoch

Allein der Wegfall des befristeten Tankrabatts verteuert Benzin- und Diesel-Kraftstoff auf ein Rekordhoch. Für viele Menschen in Deutschland wird Mobilität – einst als Zeichen der Freiheit gefeiert – zunehmend zum Luxusgut. Dass die Bundesregierung nun die Umsatzsteuer auf den gesamten Gasverbrauch auf sieben Prozent reduzieren will, muss für die Bürger der Bundesrepublik wie Hohn klingen angesichts einer Preisspirale, die seit Monaten nur eine Richtung kennt: steil nach oben.

Rund 5000 Reserve-Stahlröhren für die Gas-Pipeline Nord Stream 2 liegen im Hafen von Neu-Mukran auf Rügen. Die Pipeline ist fertiggestellt und könnte jederzeit in Betrieb genommen werden – wenn es politisch gewünscht ist. (Foto: Josef Streichholz/CC BY-SA 4.0 via Wikimedia Commons)

Dabei ist die Lösung denkbar einfach und naheliegend: Die fertiggestellte, aber aus politischen Gründen – nicht zuletzt auf Druck der USA – nicht in Betrieb genommene Erdgas-Pipeline Nord Stream 2 könnte ihren fehler- und wartungsanfälligen älteren Bruder Nord Stream 1 komplett ersetzen. Russisches Erdgas könnte wieder ungehindert nach Deutschland gelangen – wenn es denn politisch gewollt ist. Selbst eine Art befristete „Notzulassung“ für die Pipeline wäre denkbar – bei den umstrittenen neuartigen Corona-Impfstoffen hatte man mit einer „bedingten Zulassung“ schließlich auch kein Problem.

Will man dem eigenen Land bewusst schaden?

Sanktionen aber, die das eigene Volk ähnlich stark oder sogar noch stärker treffen als das Zielland, haben keinerlei Berechtigung. Wer sie trotzdem gegen alle Widerstände aufrecht erhält, ist entweder dumm oder kurzsichtig – oder er will dem eigenen Land bewusst schaden.

Thomas Wolf

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Wo Kretschmer Recht hat, hat er Recht

Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) stand auf dem Höhepunkt der Corona-Pandemie an vorderster Linie derer, denen Mindestabstand, Maskenpflicht oder Impfkampagne nicht weit genug gehen konnten. Eine allgemeine Impfpflicht hatte er zuvor noch kategorisch ausgeschlossen – dann konnte sie gar nicht schnell genug kommen. Kurz: Kretschmer war fest eingereiht in die mediale und politische Einheitsfront, deren Lösung für die Krise in immer neuen Beschränkungen der persönlichen Freiheit lag.

Unabsehbare Folgen der Sanktionspolitik

Ganz anders im Ukraine-Konflikt. Hier ist der Sachse Kretschmer einer der wenigen hochrangigen Politiker, die aus der Phalanx der nahezu kritiklosen Unterstützung des westlichen Anti-Russland-Kurses ausscheren. Schon mehrfach warnte er vor den unabsehbaren Folgen der aktuellen Sanktions- und Energiepolitik der Bundesregierung. Der Krieg in der Ukraine müsse „eingefroren“ und auf dem Verhandlungsweg beendet werden, fordert der 47-Jährige. Auch gestern wieder im ZDF-Talk mit Markus Lanz.

Der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer will den Ukraine-Krieg auf dem Verhandlungsweg beenden. Unter den hochrangigen Politikern seiner Partei steht der stellvertretende CDU-Bundesvorsitzende damit ziemlich allein da. (Foto: Sandro Halank/CC BY-SA 4.0 via Wikimedia Commons)

„Wir müssen endlich zugeben, dass wir in den nächsten fünf Jahren nicht auf russisches Gas verzichten können“, sagt Kretschmer. „Und wenn das so ist, dann müssen wir endlich die richtigen Konsequenzen ziehen.“ Die politische Debatte über Sinn und Unsinn der Sanktionen müsse breiter geführt werden. „Wenn man jeden Konflikt zum Eigenen macht“, fügt Kretschmer völlig zutreffend hinzu, „dann ist das der Untergang.“ Auch innerhalb der CDU steht der gebürtige Görlitzer damit einigermaßen isoliert da. Umso höher sind ihm seine klaren Worte anzurechnen.

Ob Kretschmer die westlichen Sanktionen nun in Frage stellt, weil er „sein Wahlvolk nicht verlieren möchte“, wie es Nadine Lindner vom Deutschlandradio ausdrückt, weil er im Wettstreit mit der in Sachsen besonders starken AfD punkten will oder einfach, weil ihm als gebürtigem Mitteldeutschen die Menschen in Mittel- und Ostdeutschland am Herzen liegen, die besonders unter den Folgen der verfehlten Energiepolitik leiden werden, sei dahingestellt. Man kann ihm jedenfalls kaum deutlich genug für seine Haltung danken.

Verhandlungen mit Russland sind alternativlos

So kritisch der Ausdruck der Alternativlosigkeit seit seiner gefühlt inflationären Benutzung in der Ära von Bundeskanzlerin Angela Merkel zu betrachten ist – hier ist er zutreffend. Verhandlungen mit Russland sind alternativlos! So kritisch man die russische Invasion auch sehen kann oder sogar muss (das tut auch Kretschmer!), so solidarisch man mit der angegriffenen Ukraine auch ist, so sehr man Wladimir Putins Politik ablehnt – es gibt keine Alternative zu Verhandlungen mit Russland.

Russische Soldaten im Osten der Ukraine. Ein Ende ihrer „Spezialoperation“ ist derzeit nicht absehbar. (Foto: Mil.ru/CC BY 4.0 via Wikimedia Commons)

Die Ukraine hat zuletzt wieder deutlich gemacht, dass sie keinerlei Kompromisse einzugehen bereit ist. Das mag verständlich sein, wenn man bedenkt, dass aus völkerrechtlicher Sicht die Ukraine das angegriffene Land ist. Eine Lösung der Krise bringt solch eine harte Haltung aber nicht näher. Im Gegenteil: In Osteuropa droht ein jahrelanger, womöglich jahrzehntelanger Waffengang – am Leben erhalten durch westliche Panzer, westliche Gewehre und westliche Munition.

Regierung nutzt Konflikt für ihre Energiewende

Schon jetzt steigen Gas- und Strompreise in Deutschland immer weiter an. Die Bundesregierung, die den neuen Ost-West-Konflikt geschickt zur Beschleunigung ihrer Energiewende nutzt, nimmt in Kauf, dass für große Teile der deutschen Bevölkerung Mobilität, Energie und Elektrizität zu Luxusgütern werden. Alle Maßnahmen, die bislang beschlossen oder diskutiert wurden, um die Bürger zu entlasten, sind meist nicht mehr als wirkungslose Tropfen auf den heißen Stein.

Russland steckt die westlichen Sanktionen derweil zwar nicht einfach weg, kommt aber offenbar doch erstaunlich gut damit klar. Zum militärischen Rückzug aus der Ukraine jedenfalls können sie Russland auch nach sechs Monaten ganz offensichtlich nicht zwingen. Man muss sich daher nicht sonderlich weit aus dem Fenster lehnen, um ein Scheitern der Sanktionen festzustellen. Die Politiker, die dafür verantwortlich sind, sollten die Größe haben, dieses Scheitern einzugestehen und auf den alternativlosen Pfad der Vernunft zurückzukehren. Noch ist es nicht zu spät.

Thomas Wolf

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Weg vom Gas? – Ein teures Vergnügen

Erdgas ist mit Abstand der wichtigste Energieträger in Deutschland: Etwa die Hälfte aller Wohnungen und Häuser wird nach Angaben des Statistischen Bundesamts mit Gas beheizt. Heizöl machte demnach im vergangenen Jahr noch rund ein Viertel aus, Fernwärme etwa ein Siebtel. Alle anderen Energieträger rangieren weit darunter, insbesondere die von Teilen der Politik hochgelobten Elektro-Wärmepumpen. In nicht einmal drei Prozent der deutschen Immobilien kamen sie 2021 zum Einsatz.

Rund die Hälfte der Deutschen heizt mit Gas, nur wenige Bundesbürger nutzen bislang Wärmepumpen. (Foto: Pixabay)

Nun ist Erdgas in Verruf geraten. Klimaschützer bemängeln die in ihren Augen klimaschädliche Emissionsbilanz des fossilen Energieträgers. Experten für Heiztechnik dagegen loben die hohe Effizienz einer Gasheizung, die von anderen Heizungsarten nicht erreicht werde. Und nicht zu vergessen: Lange Zeit war Erdgas unschlagbar günstig.

Nun hat es auch wegen des Kriegs in der Ukrainen keinen guten Ruf mehr. Denn das Gas kommt zu großen Teilen aus Russland – allen Sanktionen und politischen Absichtserklärungen zum Trotz. Der russische Staatskonzern Gazprom erwies sich in den vergangenen Jahrzehnten zwar als zuverlässiger Lieferant. Der Hickhack um die in Kanada reparierte Turbine hat das Vertrauen in die russischen Lieferungen aber stark beschädigt – und damit auch jenes in den Energieträger Erdgas.

Kein Neueinbau reiner Gasheizungen ab 2024

Zahlreiche Bundesbürger dürften nun darüber nachdenken, ob sie weiter auf eine Gasheizung setzen. Erst recht, wer durch gesetzliche Regeln dazu gezwungen ist, seinen Gaskessel nach 30 Jahren auszutauschen, steht vor einer schwierigen Entscheidung. Ab 2024 soll nach dem Willen der rot-grün-gelben Bundesregierung der Neueinbau von reinen Gasheizungen nicht mehr erlaubt sein. Noch ist es möglich.

Photovoltaik soll unabhängig von Gaslieferungen machen. Zugleich funktioniert sie nur, wenn die Sonne scheint – und ist teuer. (Foto: Pixabay)

Welche Kosten auf einen Haushalt zukommen können, der sich von seiner Gasheizung verabschieden will oder muss, zeigt ein Beispiel aus dem Südwesten Deutschlands. Ein Ehepaar hat sich für sein Einfamilienhaus in Baden-Württemberg für eine Gas-Hybrid-Heizung entschieden. Das heißt: Die Hauptlast der Heizung sollen Photovoltaik und Wärmepumpe tragen. Ein Gasanschluss wird für den Notfall vorgehalten.

70.000 Euro für die neue Heizung

Das gesamte Paket schlägt aktuell mit sage und schreibe rund 70.000 Euro zu Buche – in manchen Regionen Deutschlands erhält man dafür schon ein ganzes Haus. Enthalten sind in der Summe Solarmodule fürs Dach, ein Stromspeicher für den Keller, die Wärmepumpe und die eigentliche Heizungsanlage.

Doch damit nicht genug: Der Preis bildet sogar nur den derzeitigen Stand ab. Geliefert und eingebaut wird die Anlage nämlich erst im Frühjahr oder Frühsommer 2023 – vorher sind die Geräte nicht verfügbar. Was sie bis dahin tatsächlich kosten, steht buchstäblich in den Sternen. Eine Preisgarantie gibt es nämlich nicht.

Thomas Wolf

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Wie teuer wird das Heizen?

Voraussichtlich ab dem 1. Oktober können Gas-Importeure ihre gestiegenen Einkaufspreise an alle Verbraucher in Deutschland weitergeben. Grundlage dafür ist Paragraf 26 des Energiesicherungsgesetzes, der per Verordnung in Kraft tritt und bis September 2024 gelten könnte. Wird Heizung bald zum Luxusgut?

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen), in dessen Ressort die Gas-Importe fallen, rechnet damit, dass eine vierköpfige Familie im Jahr „sicherlich einige hundert Euro“ mehr an Heizkosten bezahlen muss. Bundeskanzler Olaf Scholz hatte zuvor von rund 200 bis 300 Euro gesprochen.

Marcel Fratzscher, Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), sagte dagegen im Gespräch mit der Rheinischen Post, die Bürger müssten sich „wohl mindestens auf eine Verdreifachung der Heizkosten bei Gas vorbereiten“. Menschen mit mittleren und geringen Einkommen müssten „dringend“ weiter entlastet werden.

Die Politik nennt als Grund für die stark gestiegenen Preise Russlands Krieg in der Ukraine und die im Zusammenhang mit den westlichen Sanktionen stehenden reduzierten Gaslieferungen aus Russland. Ein Blick auf die Preisentwicklung zeigt allerdings: Die Strom- und Heizkosten sind bereits seit Herbst 2021 deutlich erhöht. Der aktuelle Anstieg begann also schon Monate vor Russlands Angriff vom 24. Februar.

Nach Angaben des Vergleichsportals Verivox stieg der Strompreis in Deutschland bei einem durchschnittlichen Jahresverbrauch von 4000 Kilowattstunden allein von Januar 2021 bis Januar 2022 um rund 35 Prozent. Im April dieses Jahres lag er zwar noch höher, doch seither sind die Preise wieder etwas zurückgegangen – vielleicht auch, weil zwischenzeitlich die EEG-Umlage abgeschafft wurde.

Thomas Wolf

Wird Heizung zum Luxusgut? (Foto: Pixabay)