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Im Blickpunkt

„Mainstream“ berichtet nicht ausgewogen

Wer in den vergangenen drei Jahren mit aufmerksamem Blick die deutsche Medienlandschaft beobachtete, der kann sich eines bestimmten Eindrucks nicht erwehren. Die einstige Vielfalt ist weitgehend passé. Ob linke taz, Spiegel, öffentlich-rechtlicher Rundfunk oder (einst) konservative FAZ: In Sachen Corona unterschied sich die Berichterstattung kaum. Das Virus galt durch die Bank als Todesbringer, die Impfung mit Vektor- und kaum getesteten mRNA-Wirkstoffen als Allheilmittel. Erst seit kurzer Zeit werden die mangelhafte Schutzwirkung der Impfung und die Probleme, die sie verursacht, thematisiert. Mit Abstrichen gilt die mediale Einheitlichkeit auch für die Flüchtlingskrise 2015. Eine Analyse der Uni Mainz und der gewerkschaftsnahen Otto-Brenner-Stiftung hat dies nun erstmals auch für die Berichterstattung zum Ukraine-Krieg bestätigt.

Acht Leitmedien untersucht

Ein Forscherteam der Johannes-Gutenberg-Universität um den Kommunikationswissenschaftler Marcus Maurer hat sich rund 4300 Beiträge mit Kriegsbezug aus den ersten drei Monaten seit der russischen Invasion angesehen und daraus Schlüsse gezogen. Die untersuchten Beiträge erschienen in der ARD-Tagesschau, der Heute-Sendung des ZDF, bei „RTL Aktuell“ sowie in den Zeitungen und Nachrichten-Magazinen FAZ, Bild, Süddeutsche Zeitung, Zeit und Spiegel. Allesamt also Leitmedien, der mediale „Mainstream“ der Bundesrepublik. Von ausgewogener Berichterstattung kann der Untersuchung „Die Qualität der Medienberichterstattung über den Ukraine-Krieg“ zufolge kaum die Rede sein.

Solidarität mit der Ukraine prägt die Berichterstattung der deutschen Leitmedien – bis hin zur Forderung, schwere Waffen zu liefern. Kritische Positionen zur Rolle Kiews oder des Westens in dem Konflikt finden sich kaum. (Foto: Zach Rudisin/CC BY-SA 4.0 via Wikimedia Commons)

„Während die Ukraine und Präsident Selenskyj in der Berichterstattung weit überwiegend positiv bewertet wurden, wurden Russland und Präsident Putin fast ausschließlich negativ bewertet.“ So lautet ein zentrales Fazit des kürzlich vorgelegten Forschungsberichts. „Noch positiver als die Ukraine wurde nur Außenministerin Baerbock bewertet.“ Ein klares Indiz also für grünenfreundliche Berichterstattung. „Bei Kanzler Scholz und der Bundesregierung insgesamt überwogen negative Bewertungen. Die Bewertung von Scholz schwankte darüber hinaus im Zeitverlauf stark mit überwiegend positiver Berichterstattung zu Beginn und einem Tiefpunkt Mitte April während der Diskussionen um Waffenlieferungen und einen möglichen Scholz-Besuch in Kiew.“

AfD und Linke nahezu ohne Medienpräsenz

Zur positiven Darstellung der Grünen gesellt sich die Tatsache, dass die Opposition deutlich seltener zu Wort kam als die Regierung. „Von den Berichten über deutsche Parteien und ihre Politiker entfielen fast die Hälfte (48%) auf die SPD. Wesentlich seltener kamen die Grünen und ihre Politiker in den Berichten vor (23%). Die CDU/CSU (17%) als größte Oppositionspartei kam zumindest noch häufiger vor als die FDP. Linkspartei und AfD hatten in der Kriegsberichterstattung praktisch keine Medienpräsenz. Vergleicht man die Medienpräsenz von Regierungs- und Oppositionsparteien insgesamt, kam die Regierung auf etwa 80% und somit auf eine mehr als viermal höhere Medienpräsenz als die Opposition.“

Als Verursacher des Kriegs stellten die von den Wissenschaftlern untersuchten Medien fast ausnahmslos Russland und seinen Präsidenten Wladimir Putin dar. „Eine (Mit-)Verantwortung durch die Ukraine“ oder westliche Akteure wie NATO und Vereinigte Staaten „thematisierten sie zwar auch, aber relativ selten“. Für mehr als 90 Prozent der Beiträge war damit allein Russland Schuld an der Eskalation. In gerade einmal vier Prozent wurde dem Westen eine Mitverantwortung zugeschrieben. Die Ukraine mit nur zwei Prozent sogar noch seltener.

Russlands Präsident Wladimir Putin: Er gilt den deutschen Leitmedien nahezu durch die Bank als alleiniger Verantwortlicher für den Krieg. (Foto: Kremlin.ru/CC BY 4.0 via Wikimedia Commons)

Bei den Überlegungen zur Beendigung des Kriegs nehmen in den untersuchten Medien militärische Mittel den größten Raum ein. Sowohl eine allgemeine militärische Unterstützung als auch die Lieferung schwerer Waffen werden meist als „sinnvoll“ bewertet.„Unsere Analysen zeigen, dass die Lieferung schwerer Waffen von allen untersuchten Medien mit Ausnahme des Spiegel deutlich überwiegend befürwortet wurde“, liest man in dem Bericht. „Im Spiegel dagegen hielten sich ablehnende und befürwortende Beiträge in etwa die Waage.“ Auch Wirtschaftssanktionen gelten den Leitmedien als adäquates Mittel. Selbst wenn sie Deutschland womöglich mehr schaden als Russland.

Einen Konsens unterstellt

Ein anderes Team unter Leitung von Professor Maurer hatte 2021 bereits anhand von elf Leitmedien die Berichterstattung zur Corona-Pandemie untersucht. Auch dabei fiel die Beurteilung kritisch aus. „Die Medien haben insgesamt überwiegend sachlich über die Pandemie berichtet“, heißt es zwar im Abschlussbericht. Allerdings haben die Beiträge „in Bezug auf die medizinischen Aspekte der Pandemie überwiegend einen Konsens in der Wissenschaft unterstellt“. Einen Konsens also, der offenbar gar nicht bestand. Und mehr noch: „Die Unsicherheit von wissenschaftlichen Prognosen wurde oft nicht vermittelt.“

Die umstrittenen Corona-Maßnahmen „wurden in den meisten Medien als angemessen oder sogar als nicht weitreichend genug bewertet. Dass die Maßnahmen zu weit gingen, war in den Medien eher eine Minderheitenposition, die allerdings quantitativ durchaus ins Gewicht fiel.“ Als „Leitwert“ habe das Streben nach Sicherheit über allem gestanden. Auch und gerade über der Freiheit.

Thomas Wolf

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Im Blickpunkt

Impfung schützt nicht vor schwerem Verlauf

Wer dieser Tage auf Corona-Panik setzt, hat es schwer. Weder zeigt sich die von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach nahezu gebetsmühlenartig beschworene Killervariante. Noch steigen die Infektionszahlen in der angebrochenen kalten Jahreszeit wie befürchtet ins Astronomische. Zahlreiche Experten halten die Pandemie mittlerweile für beendet, das Virus für endemisch. Das Bundesverwaltungsgericht urteilte jetzt sogar, die weitgehende Ausgangssperre in Bayern, die im ersten Corona-Lockdown im Frühjahr 2020 verhängt wurde, sei unverhältnismäßig und damit unzulässig gewesen. Folgen hat das Urteil zwar keine. Schließlich lässt sich das richterlich festgestellte Unrecht nicht ungeschehen machen. Deutlicher aber könnte die juristische Kritik am harten Kurs des Freistaats kaum ausfallen.

Immer mehr Experten sehen die Corona-Pandemie als beendet an. (Foto: Pixabay)

Auch die Impfung, die nach politischer Überzeugung und vielfacher medialer Botschaft vor einem schweren Covid-Krankheitsverlauf, aber auch vor einer Ansteckung mit SARS-CoV-2 schützen sollte, ist massiv ins Gerede gekommen. Keineswegs nur in einschlägigen Kreisen auf Telegram. Seit geraumer Zeit schon finden sich selbst in sogenannten Mainstream-Medien und im öffentlich-rechtlichen Rundfunk immer wieder Beiträge über teils schwerwiegende Impfreaktionen, Nebenwirkungen und Langzeit-Schäden durch die umstrittenen mRNA-Impfstoffe. Sogar der Schutz vor schweren Verläufen, der zuletzt als vielleicht einziger Punkt noch für eine Impfung sprach, ist offenbar nicht mehr gegeben.

Der renommierte Virologe Alexander Kekulé betonte jüngst im MDR-Radio unter Berufung auf neueste Daten aus den USA eine Unwirksamkeit der Impfung. Das sei, gab er etwas zerknirscht zu, „echt Mist für alle, mich eingeschlossen, die der Meinung sind, dass die Impfung wichtig ist“. Die US-Daten zeigten „klipp und klar“, dass es zwischen Geimpften und Ungeimpften „keinen statistisch irgendwie nachweisbaren Unterschied gibt bezüglich der Schwere der Nachfolge-Erkrankungen bei zweiten, dritten, vierten Infektionen“. Ob jemand geimpft ist, hat demnach keinen Einfluss auf die schwere der Erkrankung bei einer erneuten Infektion. Auch auf Long-Covid habe es keine Auswirkungen.

Vermeintliche Schutzimpfung

Somit bleibt bestenfalls ein Schutz bei Erstinfektionen. Womöglich aber auch nur ein minimaler. Und nur kurzzeitig. Eine Erstinfektion aber dürfte mittlerweile die Mehrzahl der Menschen hinter sich haben. Kekulé hatte anfangs die politischen Maßnahmen im Kampf gegen die damals noch weitgehend unbekannte Seuche gutgeheißen. Dann aber war er schrittweise vom politisch-medial gepflegten Narrativ des gefährlichen Killervirus und der alleinseligmachenden Impfung abgewichen. So deutlich wie er im MDR hat aber wohl noch kein seriöser Wissenschaftler die mittlerweile als weitgehende unsinnig einzustufende vermeintliche „Schutz-Impfung“ auf den Punkt gebracht. Von der potenziellen Gefährlichkeit der neuartigen Impfstoffe ganz zu schweigen.

Virologe Alexander Kekulé (ganz rechts) bei einer „Maischberger“-Sendung im WDR. (Foto: © Superbass/CC BY-SA 4.0 via Wikimedia Commons)

Bis Kekulés kritische Sicht zu Karl Lauterbach durchdringt, dürfte noch einiges Wasser Spree und Havel hinunterfließen. Doch selbst der Gesundheitsminister, der seit Beginn der Pandemie zu den lautstärksten Panikmachern gehörte, ist zuletzt etwas handzahmer geworden. Die Teil-Impfpflicht im Gesundheitswesen will auch er offenbar nicht verlängern. Nach Informationen aus seinem Ministerium soll sie Ende des Jahres auslaufen.

Thomas Wolf

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Medienkritik

Kohlendioxid: Doch kein Klimakiller?

Die Kritik an der Weltklimakonferenz „COP27“ ist groß. Politiker, Wissenschaftler und Aktivisten aus aller Welt, die im ägyptischen Badeort Scharm el-Scheich zusammenkamen, konnten sich nicht verbindlich auf einen Ausstieg aus fossilen Energieträgern einigen. So werde die globale Erwärmung nicht mehr auf maximal 1,5 Grad gegenüber dem vorindustriellen Niveau begrenzt werden können, liest man. Von einer drohenden „Klimahölle“ ist die Rede. Von Kipppunkten, die die Erderhitzung schon bald unumkehrbar machen werden. Wirklich? Droht bald der Klima-Kollaps, weil der Mensch durch den industriellen Kohlendioxid-Ausstoß die Atmosphäre verpestet? Das Buch „Unerwünschte Wahrheiten“ bezweifelt die Bedrohlichkeit des Klimawandels. Und setzt einen wohltuenden Kontrapunkt gegen die Panikmache.

Fortschreitende Erwärmung?

Bewegungen wie „Fridays for Future“ oder die radikalen Aktivisten der „Letzten Generation“ behaupten, die globale Erwärmung sei ausschließlich menschengemacht und müsse daher kurzfristig bekämpft werden. Weil auch viele Wissenschaftler dieser Ansicht sind, beherrscht die Angst vor einer fortschreitenden Erwärmung der Atmosphäre weite Teile von Politik und Gesellschaft. Die Buchautoren Fritz Vahrenholt und Sebastian Lüning stellen diesen politisch-medialen Klima-Konsens in Frage. Den Einfluss des Kohlendioxids auf die Erderwärmung setzen sie deutlich geringer an. Selbst bei einer starken CO2-Zunahme in der Atmosphäre werde der Temperaturanstieg nicht mehr als zwei Grad betragen, sind sie überzeugt.

US-Präsident Joe Biden hält eine Ansprache auf der Weltklimakonferenz „COP27“ im ägyptischen Scharm el-Scheich. (Foto: Office of the President of the United States/gemeinfrei)

Vahrenholt und Lüning sind durchaus keine „Klimaleugner“. Eine Reduktion der CO2-Emissionen lehnen sie keineswegs ab. Die Rede ist in „Unerwünschte Wahrheiten“ von einer „Halbierung im Verlaufe dieses Jahrhunderts“. Auch den menschlichen Einfluss auf den Temperaturanstieg stellen der frühere Hamburger SPD-Umweltsenator und der einstige Gutachter des Weltklimarats IPCC nicht in Frage. Den angeblichen Klimanotstand, den Greta Thunberg, Luisa Neubauer und ihre Mitstreiter in Medien und Politik propagieren, sehen sie allerdings nicht.

50 Fragen zur Klimadebatte

„Unerwünschte Wahrheiten“ stellt 50 Fragen zur Klimadebatte. Und beantwortet sie auf Basis von Fakten und ohne populistische Zuspitzung. Wer hätte etwa gedacht, dass der vermeintliche „Klimakiller“ CO2 das Pflanzenwachstum fördert? Die zunehmende Weltbevölkerung könnte durch ein Mehr an Kohlendioxid in der Atmosphäre also potenziell besser ernährt werden. Vahrenholt und Lüning stellen die globale Erwärmung seit der Industrialisierung der Mittelalterlichen Wärmeperiode und der darauffolgende Kleine Eiszeit gegenüber. Dem aktuellen Klimawandel nehmen sie so seine Einmaligkeit. Das Ende der Kleinen Eiszeit, der kältesten Epoche seit 10.000 Jahren, geht nahtlos in den Temperatur-Anstieg der vergangenen 150 Jahre über.

Ein Klimaprotest im englischen Portsmouth anlässlich der „COP27“-Konferenz. (Foto: Tim Sheerman-Chase/CC BY 2.0 via Wikimedia Commons)

Internationale Klimaexperten, betonen die Autoren, belegen durch ihre Forschungen, dass das Mittelalter teils „deutlich wärmer als heute“ war. Keineswegs nur lokal, sondern weltweit. Vorausgegangen sei ein Temperaturanstieg von mehreren Grad Celsius. Versuchen, jenes mittelalterliche Klimaoptimum kleinzurechnen, treten Vahrenholt und Lüning entschieden entgegen. Für manchen Leser überraschend stellen sie fest: Gletscher, die heute abschmelzen, gab es damals offenbar noch gar nicht. „Die Klimakatastrophe wird nicht stattfinden“, betonen die Autoren daher.

Anregung zum Nachdenken

„Fridays for Future“ oder die „Letzte Generation“ können Vahrenholt und Lüning gewiss nicht überzeugen. Auch die Mehrheit der Politiker hat sich längst festgelegt. So weist man den Autoren eine vermeintlich unwissenschaftliche Außenseiterposition zu, die nicht einmal diskutiert wird. Den unvoreingenommener Leser aber regt „Unerwünschte Wahrheiten“ zum Nachdenken an. Entsprechen die gängigen Klimamodelle tatsächlich der Mehrheitsmeinung der Wissenschaft? Droht wirklich in naher Zukunft die Katastrophe? Steckt hinter der Erwärmung gar nicht der menschengemachte CO2-Ausstoß, sondern ein bislang unverstandener Klimazyklus? Für Vahrenholt und Lüning deutet jedenfalls einiges darauf hin.

Frank Brettemer

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Im Blickpunkt

Thüringen sagt Nein zur Gendersprache

Zuletzt lief es gut für die Freunde der umstrittenen Gendersprache. Immer mehr Zeitungen, Zeitschriften, Verbände, Unternehmen und selbst staatliche Einrichtungen gingen dazu über, das Gender-Sternchen, den Gender-Doppelpunkt oder den Gender-Unterstrich in ihrer Kommunikation zu nutzen – keineswegs nur in der schriftlichen. Angefeuert von einer lautstarken Minderheit glauben sie, der vermeintlichen „Diversität“ der Gesellschaft anders nicht gerecht zu werden. Jetzt hat Thüringen überraschend einen Kontrapunkt gesetzt. Mit den Stimmen von CDU, AfD und Bürgern für Thüringen forderte der Landtag in Erfurt: Landtagsverwaltung, Landesregierung und Landesbehörden sollen keine sogenannte „gendergerechte Sprache“ verwenden.

Nicht erzwingen

Der Antrag der CDU-Fraktion, der auf den 2. November datiert ist, betont zwar die Notwendigkeit, alle Menschen „sensibel entsprechend ihrem Geschlecht“ anzusprechen. Dies könne aber nicht durch in der Bevölkerung nicht akzeptierte Abweichungen von orthographischen Regeln erzwungen werden. „Die Verwendung der sogenannten Gendersprache ist Ausdruck einer ideologischen Auffassung, die das biologische Geschlechtersystem von Männern und Frauen infrage stellt.“ Sprache sei eines der wichtigsten Ausdrucksmittel, sie verbinde und präge die Kultur. Daher muss sie nach Auffassung der Fraktion „in allen Bereichen der öffentlichen Kommunikation einheitlich, rechtssicher, grammatikalisch und orthographisch eindeutig und unbeeinflusst von gesellschaftlichen Strömungen sein“.

In der Nacht auf Freitag hat der Thüringer Landtag mit knapper Mehrheit gegen Gendersprache in Landtagsverwaltung, Landesregierung und Landesbehörden gestimmt. (Foto: Olaf Kosinsky/CC BY-SA 3.0 DE via Wikimedia Commons)

„Sprache wird von Menschen gelebt. Sie entwickelt sich aus dem Leben und verändert sich fortwährend“, heißt es in dem Antrag zur Begründung. „Veränderungen setzen sich aber nur durch, wenn sie von der überwiegenden Mehrheit der Sprechenden auch allgemein verstanden und akzeptiert werden. Für Veränderungen der deutschen Sprache im Sinne der sogenannten Gendersprache existiert diese Mehrheit nicht, wie verschiedene Umfragen belegen. Fast zwei Drittel der deutschen Bevölkerung, also ein deutlich großer Teil der Menschen, lehnen einen Gender-Zwang ab. Politik muss dieses eindeutige Votum in ihrem Handeln berücksichtigen.“

Befürworter der Gendersprache schreiben das Gender-Sternchen, den Unterstrich oder den Gender-Doppelpunkt nicht nur mit und verstoßen damit gegen grundsätzliche Regeln der deutschen Rechtschreibung. Sie sprechen sie auch: und zwar als kurze Tonpause. Mit diesem Glottisschlag geht die Gendersprache längst weit über das sogenannte Binnen-I hinaus. Es entstand in den 1980er Jahren und sollte Männer und Frauen gleichermaßen sichtbar machen. Statt „Politikerinnen und Politiker“ schrieb man damals etwa von „PolitikerInnen“. Auch wenn der Glottisschlag auch damals schon vereinzelt genutzt wurde – meist löste man das Binnen-I in gesprochener Sprache wieder auf.

Biologie kennt nur zwei Geschlechter

Anders als in den 1980er Jahren geht es heutigen Nutzern der Gendersprache meist nicht mehr um die Gleichbehandlung von Männern und Frauen. Der Gendersprache der Gegenwart liegt vielmehr die Überzeugung zugrunde, es gebe mehr als zwei Geschlechter. Biologisch ist das Unsinn. Zwar kennt auch die Biologie Menschen, die sich aufgrund äußerlicher Merkmale nicht eindeutig einem Geschlecht zuordnen lassen. In ihren Keimzellen sind die Betroffenen jedoch stets eindeutig männlich oder weiblich. Man spricht hier von Intersexualität. Sie ist deutlich zu trennen von Transsexualität. Diese liegt vor, wenn ein Mann sich als Frau identifiziert oder eine Frau als Mann. Oder mit einem Geschlecht, das gar nicht existiert. Realistischen Schätzungen zufolge ist weit weniger als ein Prozent der Bevölkerung transsexuell veranlagt.

Der Thüringer Landtagsbeschluss wird die Debatte um Gender, Transsexualität und Geschlechter-Identität nicht revolutionieren. Auch wenn er deutschlandweit einmalig ist und daher so etwas wie Signalwirkung beanspruchen kann. Dafür sind die Fronten zu sehr verhärtet. Wer die Gendersprache ablehnt, sieht sich schnell dem Vorwurf ausgesetzt, einen Kulturkampf zu führen. Oder ganz weit rechts zu stehen. Wer auf grundlegende biologische Fakten verweist, gilt schnell als Hetzer oder Verbreiter von „Fake News“. Bei „sozialen Medien“ wie Twitter oder Facebook droht da schon mal die Sperre.

„Sprachpapst“ Wolf Schneider auf einer älteren Aufnahme. Der Kritiker von Anglizismen und Gendersprache starb heute mit 97 Jahren in Starnberg. (Foto: Sven Teschke Büdingen/CC BY-SA 3.0 DE via Wikimedia Commons)

Just am heutigen Tag übrigens, an dem der Beschluss des Thüringer Landtags die Runde macht, starb einer, der über die Nachricht aus Erfurt bestimmt hoch erfreut gewesen wäre. Wenn sie ihn denn noch erreicht hätte. Wolf Schneider galt über viele Jahrzehnte als renommiertester deutscher Sprachkritiker. Stolze 97 Jahre wurde Schneider, der mit Büchern wie „Deutsch für Profis“ Generationen von Autoren und Journalisten ihr Rüstzeug vermittelte. Anglizismen stand er ebenso kritisch gegenüber wie der Rechtschreibreform. Zur Gendersprache hatte Schneider nach eigener Aussage ein „kriegerisches Verhältnis“. Es sei töricht, das natürliche mit dem grammatikalischen Geschlecht in Verbindung zu bringen. Dass Schneider selbst in Erfurt zur Welt kam, ist nur ein Zufall.

Thomas Wolf