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Im Blickpunkt

Früherer DDR-Bürger: „Es war nicht alles gut“

Alexander Schlesinger, der Cousin der geschassten ARD-Vorsitzenden Patricia Schlesinger, denkt gern an sein Leben im Arbeiter-und-Bauern-Staat zurück – Ein Gespräch über den 9. November 1989 und seine Folgen, über Lügenmedien, den Kapitalismus und die Rolle der USA beim Mauerbau

Wie haben Sie den Mauerfall und und die Zeit danach erlebt?

Die Zeit der Montagsdemos habe ich ganz bewusst in meiner Heimatstadt Dresden erlebt. Ich war jung und die Zeiten verrückt. An den 5. Oktober 1989 erinnere ich mich noch lebhaft. Ich wurde gerade 24, als ich auf der Bahnbrücke an der Budapester Straße stand und den gespenstisch leeren Hauptbahnhof sah. Kein Waggon, keine Lok, nichts. Die Züge aus Prag sollten durchrollen und der Bahnhof war großräumig abgesperrt. Die Randale auf der Prager Straße sind mir genauso in Erinnerung wie das Verhalten ehemaliger Klassenkameraden, die die Losungen des Neuem Forums als nicht gut befanden. Heute sind sie stramme Verfechter des BRD-Kapitalismus.

Begrüßungsgeld abgeholt

Natürlich sind wir nach dem Mauerfall nach „drüben“ gefahren. Zum einen aus Neugier, zum anderen, um uns das Begrüßungsgeld abzuholen. Das klappte sogar öfter, da bald ein neues Jahr anbrach und Bayern ja nochmal 40 DM dazugab. Letzten Endes haben wir damals im kleinen Rahmen gemacht, was heute Millionen von Glücksrittern aus aller Welt in der BRD wieder tun, nämlich die Möglichkeiten nutzen.

Der Erhalt des westdeutschen Begrüßungsgeldes für DDR-Bürger in Höhe von 100 DM wurde im Personalausweis vermerkt. Rechts sind die beiden Auszahlungen zu sehen: einmal die 100 DM und dann die 40 DM, die Bayern zusätzlich zahlte. (Foto: Tom86 / CC BY-SA 3.0 DE via Wikimedia Commons)

Der Mauerfall war die logische Konsequenz der auf Überdehnung der wirtschaftlichen Möglichkeiten des „Ostblocks“ und der UdSSR ausgerichteten Politik der Regime des Westens. Wenn die DDR-Bürger nicht, aufgestachelt durch westliche Geheimdienste, auf die Straße gegangen wären – es war letztendlich eine Farbrevolution, wie sie George Soros auch heute noch weltweit veranstaltet –, wäre die Vereinigung der beiden deutschen Staaten auch gekommen. Die UdSSR konnte ihre Satelliten nicht mehr halten, der Westen hatte gewonnen.

Wie denken Sie heute über den Mauerfall und die Wiedervereinigung? Sie sprachen vorhin ja von Annexion.

Für die DDR hat die Einheit zuallererst bedeutet, dass 16 Millionen Menschen ihrer Herkunft, ihrer Arbeit, ihrer Kultur und ihres Wohlstands beraubt wurden. Zum Wohlstand zähle ich nämlich auch Sicherheit, Planungssicherheit, Verlässlichkeit auf den Staat und die Möglichkeit, durch eigener Hände Arbeit Wohlstand zu erlangen. Gebracht hat es allerdings auch vieles. Schöne Städte, schnell restaurierte Gebäude. Natürlich wurde das nicht überwiegend aus Freude am Erhalt getan, sondern weil Heerscharen von Banken und Westfirmen daran verdient haben. Mittlerweile haben sich auch einheimische Firmen wieder etablieren können. Am Ende ändert das aber nichts daran, dass die ganze schöne Fassade auf Pump gebaut ist.

Anglo-amerikanischer Bombenterror

Dresden hat im Zentrum seine Seele zurückbekommen, nicht zuletzt durch den Wiederaufbau der Frauenkirche, die im anglo-amerikanischen Bombenterror gegen die Zivilbevölkerung zerstört wurde. Und so geht es vielen Städten in Mitteldeutschland. Das ist sehr schön und freut mich bei jedem Besuch in einer größeren oder kleineren Stadt meiner Heimat.

Nach den anglo-amerikanischen Luftangriffen auf Dresden, die zehntausendfachen Tod brachten, liegen auf dem Dresdner Altmarkt unzählige Opfer des Bombardements aufgeschichtet auf Eisenbahnschienen. (Foto: Bundesarchiv / Bild 183-08778-0001 / Hahn / CC-BY-SA 3.0 DE via Wikimedia Commons)

Was war in der DDR Ihrer Meinung nach schlechter als heute, was war besser?

Während Opportunisten auf die Frage antworten, es war nicht alles schlecht, habe ich für mich die Aussage als besser empfunden, es war nicht alles gut. Man kann einen sozialistischen Staat mit einem kapitalistischen durchaus vergleichen, aber es kommt doch am Ende darauf an, was man mit dem Vergleich erreichen will. Das Besatzerregime kommt natürlich immer auf das Ergebnis, dass die DDR ein unfreier SED-Diktatur-Staat gewesen sei. Ich denke auch, kein ehrlicher Mensch würde etwas anderes erwarten.

Die DDR war der legitime Versuch der deutschen Arbeiterklasse, nach den Verheerungen durch den Krieg des Dritten Reichs gegen die Völker Europas, einen besseren, friedlichen und geachteten Staat zu errichten. Das hat erstmal geklappt. Und weil es klappte, haben die revanchistischen Kräfte der BRD von Anfang an dagegen gearbeitet. Auch das war klar, konnten sie sich doch der Unterstützung aller sicher sein, die die Niederlage des Dritten Reichs gegen die Sowjetunion bedauerten. Allen voran die USA und Großbritannien.

„Das falsche Schwein geschlachtet“

Churchills Fulton-Rede war nach 1945 die erste offene Kampfansage an die UdSSR: „Wir haben das falsche Schwein geschlachtet.“ Der Verbrecher und Haupttäter an der Zerstörung meiner Heimatstadt war schon wieder auf Kriegskurs. Altnazis kamen in der BRD in höchste Ämter, in der DDR wurden sie aus verantwortungsvollen Positionen weitestgehend ferngehalten.

Bildung ist das wichtigste, was ein Staat seinen Bürgern antun kann, wenn er erfolgreich sein will. Das Bildungswesen der DDR war nicht nur hervorragend, sondern auch übersichtlich und erfolgreich. Die Versorgung mit Gütern des täglichen Bedarfs war immer gewährleistet. Und das zu Preisen, die sich jeder leisten konnte.

Als Fazit möchte ich provokativ sagen: In der DDR war nichts schlechter oder besser, es war einfach anders. Viele werden noch den Spruch: „Wie wir heute arbeiten, werden wir morgen leben“ kennen. So war der ganze Staat ausgerichtet. Es wurde wenig bis gar nicht auf Kredit finanziert. Daher auch die schlechten Straßen. Das Wohnungsbauprogramm war, trotz aller negativen Begleiterscheinungen, ein riesiger Kraftakt für das kleine Land, was für die BRD ja auch noch Milliarden an Reparationen an die UdSSR mitbezahlt hat.

Die DDR zahlte nahezu alle deutschen Reparationen, die sich aus dem Zweiten Weltkrieg ergaben. Nach Berechnungen hätte das kleine Land mehr als 700 Miiliarden DM an Ausgleichszahlungen erhalten müssen (Foto: Netzfund)

Pfennigfuchser haben ermittelt, dass die DDR 1989 40 Milliarden DM (20 Milliarden Euro) Auslandsschulden hatte. Ist viel, unbestritten. Die BRD hat heute 2,5 Billionen Euro Schulden! Und da sind viele Risiken noch nicht eingerechnet. Tatsächlich betrug der Gesamtschuldenstand des Staates im Sommer 2022 rund 14,4 Billionen Euro.

Aus Ihren Worten spricht viel Hochachtung für die DDR und Ablehnung der BRD. Empfinden Sie sich überhaupt als Bundesbürger?

Ich fühle mich nicht als Bürger der BRD, auch wenn ich notgedrungen den Pass dieses Staates habe. Das war bis zur Mitte der 10er Jahre dieses Jahrhunderts noch etwas anders. Aber seitdem diese BRD die hässliche Fratze des Faschismus im Ausland mit Geld und Waffen fördert, sich Infrastruktur wegsprengen lässt und eine Endzeitsekte die Energieversorgung als Grundlage eines wirtschaftlichen Erfolges zerstören lässt, ist diese Staatssimulation für mich nur noch verachtenswert.

Zum Nazi degradiert

Jeder, der das kritisiert, ablehnt oder Alternativen sucht, wird in vollkommener Geschichtsvergessenheit zum Nazi degradiert. Dabei kommen Millionen Menschen hierher, die eine Ideologie im Koffer haben, die der des Dritten Reiches in ihrer Menschenverachtung in nichts nachsteht.

Ich möchte nicht bestreiten, dass es auch Menschen gab, die in der DDR Leid erfahren haben. Allerdings wird man auch hier und heute bis aufs Messer verfolgt, wenn man mit den staatlichen Narrativen nicht klarkommt und diese auch noch bekämpft. Als schwuler Mann möchte ich betonen, dass mir diese ganze Gender-Politik, die Sprachverschandelung und diese ganze „woke“ Spinnerei gewaltig auf den Geist gehen.

Habe ich in den 1990ern noch mit Stolz eine Regenbogenfahne am Auto gehabt und einen Festwagen zum CSD in Köln gefahren, frage ich mich heute, ob die ganzen Schwulen und Lesben, die sich für menschenverachtende Politik, für Krieg, für Islamisierung und all die anderen perversen Auswüchse des BRD-Regimes im speziellen und des Kapitalismus im allgemeinen einsetzen, echt zu blöd sind um zu erkennen, dass sie wie die Schafe zur Schlachtbank geführt werden?

Interview: Thomas Wolf

Alexander Schlesinger, der Cousin der geschassten ARD-Vorsitzenden Patricia Schlesinger, denkt gern an sein Leben im  – Ein Gespräch mit Mauerfall
In den 1990er Jahren, sagt Alexander Schlesinger, habe er die Regenbogenfahne noch selbst mit Stolz getragen. Heute lehnt er Gender-Politik und „diese ganze woke Spinnerei“ entschieden ab. (Foto: Pixabay / gemeinfrei)

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