Glaubt man dem politischen und medialen Mainstream, so hat im Februar 2022 ein aggressiv-nationalistisches Regime in Gestalt der Russischen Föderation die friedliebende, demokratische Ukraine überfallen und mit einem Vernichtungskrieg überzogen. Unprovoziert und aus rein imperialistischen Beweggründen. Aber ist das wirklich so?
Buchautor Thomas Mayer stellt das gängige westliche Narrativ in Frage. Mit „Wahrheitssuche im Ukraine-Krieg – Um was es wirklich geht“ hat der gebürtige Allgäuer, der 1988 Mitbegründer von Mehr Demokratie war, für die Einführung von Regionalgeld wirkte und mehrere Volksbegehren begleitete, ein Buch vorgelegt, das hinter die Kulissen der Vorgeschichte des Ukraine-Kriegs blicken will.
„Mich persönlich hat im Februar 2022 die Kriegsbeteiligung Deutschlands im Kern getroffen. Ich bin in dem Selbstverständnis aufgewachsen, von Deutschland darf nie wieder ein Krieg ausgehen. In der Ukraine sterben nun durch die vielen Milliarden Euro, die Waffenlieferungen und die militärische Unterstützung der NATO-Staaten hunderttausende Menschen. Das ist schwer auszuhalten“, beschreibt Mayer seine Beweggründe für das Buch.
Wie ist der Konflikt entstanden?
Er fragte sich: „Wie ist der Konflikt historisch entstanden? Mit welchen Weichenstellungen wurde auf den Krieg hingesteuert? Wie haben die Ukraine, die USA, die NATO und Russland die Eskalations-Spirale angetrieben?“ Im Interview spricht Mayer über seine Erkenntnisse und Einschätzungen.
Herr Mayer, für Ihr Buch haben Sie umfassend zur Vorgeschichte des russischen Einmarschs in der Ukraine geforscht. Was glauben Sie: Worum geht es wirklich in diesem Krieg, der schon über zwei Jahre dauert?
Ich sehe in der Überschau drei Hauptthemen: Erstens geht es darum, die Weltbevölkerung in einem psychologischen Kriegszustand und in Angst zu halten. So sind Menschen lenkbar. Es fällt zum Beispiel auf: Als der Krieg gegen das Corona-Virus an Kraft verlor, begann der Ukraine-Krieg.
USA seit 100 Jahren gegen Russland
Zweitens geht es um die Weltherrschaft der USA. Das geopolitische Interesse der USA ist es seit 100 Jahren zu verhindern, dass Russland sich mit Europa verbindet, damit kein gleichwertiger geopolitischer Konkurrent entsteht. Ich lege in meinem Buch gründlich die Tatsache dar, dass im Ukraine-Krieg nicht Russland der Angreifer war. Stattdessen hat der US-geführte Westen die Ukraine für einen lange vorbereiteten Stellvertreterkrieg gegen Russland missbraucht.
Drittens geht es in der Ukraine den dort regierenden Nationalisten darum, eine ethnisch reine Ukraine zu schaffen auf Kosten der 30 Prozent russisch-verbundener Bevölkerung.
Welche Belege haben Sie gefunden, dass der Westen die Ukraine in einen Stellvertreterkrieg getrieben hat, um Russland zu schwächen?
Ich fand sehr viele Belege dafür. Das ist auch ein Grund, warum mein Buch so umfangreich wurde. Historisch betrachtet ist es eine übliche außenpolitische Strategie der USA, regionale Konflikte zu schüren und Stellvertreterkriege anzuzetteln. Die „Rand Corporation“, eine Denkfabrik des Pentagon und des CIA, beschrieb 2019 auf etwa 300 Seiten, was die USA tun sollte, um Russland zu schwächen und zu destabilisieren. Ein Vorschlag war, die
Waffenlieferungen und Militärhilfe für die Ukraine zu verstärken. Der seit 2014 laufende Krieg im Donbass sollte eskalieren, um Russland zu einem kostenreichen Engagement zu zwingen. Dieser Bürgerkrieg begann aufgrund des von den USA unterstützen verfassungswidrigen Maidan-Putsches.
„Es ging nie um die Ukraine“
Wie oft haben wir in den letzten Jahren von NATO-Politikern gehört, dass Russland nicht gewinnen dürfe. Es ging nie um Frieden oder die Ukraine. Unverblümt sprechen US-Militärs, wie zum Beispiel der einflussreiche General Jack Kean, der in einem Interview bei Fox News betonte: „Die Investition der Vereinigten Staaten in die Ukraine ist es wert. Die 66 Milliarden US-Dollar in 2022 sind nur 1,1 Prozent unseres Staatshaushaltes.“ Für 66 Milliarden Dollar erhalte man eine Ukraine, die die „russische Armee auf dem Schlachtfeld buchstäblich vernichtet“. Es ist also für die USA ein preiswerter Krieg. Dass dabei auch hunderttausende Soldaten sterben, spielt keine Rolle.
Sie sprechen ferner von einem psychologischen Kriegszustand, in welchem die Menschen gehalten werden. Was meinen Sie: Von wem – und wieso?
Das ist eine große Frage. Krieg beginnt immer mit Feindbild-Aufbau, Angst-Erzeugung und Massen-Hypnose. Das war auch für diesen nicht erklärten Krieg notwendig, den heute die NATO mit Russland führt. Es gibt verschiedene Akteure und Interessen: die Geopolitik der Weltmacht USA, die Finanzinteressen der Rüstungsindustrie, das Profilierungsinteresse von Politikern und übergreifend im Hintergrund der materialistische Transhumanismus, der Seele und Geist des Menschen leugnet und den Menschen als Maschine sieht, der moralisch von außen gesteuert werden kann.
Lügen und Unwahrheiten
Ein vielzitiertes Sprichwort lautet: „Das erste Opfer des Krieges ist die Wahrheit.“ Soll heißen: Propaganda-Lügen bestimmen jeden Krieg. Welche wesentlichen Lügen und Unwahrheiten prägen den Ukraine-Krieg?
Die wichtigste Unwahrheit ist, dass es ein unmotivierter Angriffskrieg Russlands war. Mit dieser Propagandalüge wurden die immensen Geld- und Waffenlieferungen und der Wirtschaftskrieg und die Sanktionen der Bevölkerung verkauft. Es war aber kein unmotivierter Angriffskrieg Russlands. Ich habe auf 600 Seiten beschrieben, wie Russland vom Westen zum Kriegseintritt gedrängt wurde. Wenn man die Vorgänge genau ansieht, zeigt sich, dass die Ukraine 2014 einen Angriffskrieg gegen die beiden Donbass-Republiken begann. Dem ging der verfassungswidrige Maidan-Putsch voraus, der von NATO-Staaten unterstützt wurde und mit dem Nationalisten in Kiew an die Macht kamen.