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Im Blickpunkt

Nur eine „extrem kleine Minderheit“

Gibt es deutlich weniger Inter- und Transsexuelle, als Politik und Lobbyisten der Öffentlichkeit weismachen wollen? – Scharfe Kritik an dem von der Ampel-Koalition geplanten Selbstbestimmungsgesetz

Seit 2018 können Menschen in Deutschland den Geschlechtseintrag „divers“ wählen. Diese Möglichkeit steht seither neben „männlich“ und „weiblich“. Die Politik schuf sie vornehmlich für Intersexuelle. Personen also, deren Geschlechtsmerkmale nicht eindeutig sind. Auch Menschen, die sich unsicher sind, welchem Geschlecht sie angehören, können sich als „divers“ definieren. Gleiches gilt für Transsexuelle, die sich ihrem biologisch eindeutig bestimmbaren Geschlecht nicht zugehörig fühlen. Und für Personen, die sich als „nicht-binär“ begreifen oder glauben, ihr Geschlecht ändere sich hin und wieder. Alternativ zu „divers“ ist es bereits seit 2013 möglich, den Geschlechtseintrag offenzulassen.

80.000 Transsexuelle?

Allein bis zu 160.000 Intersexuelle gebe es in Deutschland, schätzte 2017 das Bundesverfassungsgericht. Sein Urteil zur sogenannten dritten Option beim Geschlechtseintrag hatte die Reform ins Rollen gebracht. Der Deutsche Ethikrat ging dagegen von rund 80.000 intergeschlechtlichen Menschen in Deutschland aus. Die Zahl der Transsexuellen bezifferte 2014 Patricia Metzer von der Deutschen Gesellschaft für Transidentität und Intersexualität, einer Lobby-Organisation, auf 20.000 bis 80.000. Rund fünf Jahre nach der Einführung des Eintrags „divers“ zeigt sich immer deutlicher, dass selbst vergleichsweise zurückhaltende Schätzungen offenbar weit über den realen Zahlen liegen.

Wenn Aktivisten und Politiker von der „LGBTQI-Community“ reden, fassen sie sexuelle Präferenzen und Geschlechtsidentitäten zusammen. In Wirklichkeit sind Transsexualität und Intersexualität klar von Homosexualität abzugrenzen. (Foto: Pixabay)

Beispiel Sachsen. Die AfD-Landtagsfraktion wollte wissen, wie viele Menschen in dem mitteldeutschen Bundesland den Eintrag „divers“ gewählt haben. Die Antwort der Landesregierung dürfte überraschen: 2022 waren es demnach gerade einmal 17. Darunter befinden sich sogar drei Babys, die sich sicherlich nicht selbst dafür entschieden haben, „divers“ zu sein. 17 Menschen unter mehr als vier Millionen: Das sind nur 0,0004 Prozent der Sachsen, rechnet die gesellschaftspolitische Sprecherin der AfD-Fraktion, Martina Jost, vor. Sie vergisst dabei allerdings, dass sich die Zahlen der Regierung nicht auf alle „diversen“ Eintragungen beziehen, sondern nur auf ein Kalenderjahr.

„Ganze 19 Fälle seit 2018“

Wesentlich mehr werden es allerdings auch nicht, wenn man die zurückliegenden Jahre seit der Reform des Personenstandsrechts berücksichtigt. Auch wenn die Zahlen je nach Quelle zum Teil widersprechen. „Ganze 19 Fälle sind seit 2018 in Sachsen aktenkundig“, schreibt die BILD-Zeitung im Mai 2022. Im Vorjahr seien es nach Angaben des Innenministeriums gerade mal drei gewesen. „Auch der vom Gesetz seither mögliche Wechsel der Geschlechtsidentität bei Erwachsenen kommt in Sachsen sehr selten vor.“ Nur drei Männer und fünf Frauen seien betroffen. In Sachsens größter Stadt Leipzig waren vor rund einem Jahr nur zwölf Menschen mit dem Eintrag „divers“ gemeldet. Bei 21 wurde der Geschlechtseintrag in der Geburtsurkunde geändert.

Ein Blick über die Leipziger Innenstadt. In Sachsens einwohnerreichster Stadt waren 2022 nur zwölf Menschen mit dem Geschlechtseintrag „divers“ gemeldet. Unter den mehr als 600.000 Einwohnern der Messestadt ist das eine verschwindend geringe Minderheit von 0,002 Prozent. (Foto: LeipzigTravel/CC BY-SA 4.0 via Wikimedia Commons

Zweites Beispiel: Berlin. Aktuellen Zahlen zufolge sind in der Bundeshauptstadt 142 Personen mit dem Geschlechtseintrag „divers“ registriert. Das meldete kürzlich das Portal Pleiteticker.de des früheren BILD-Chefredakteurs Julian Reichelt. Im Dezember lag die Zahl noch bei 137. Zumindest nach Angaben des öffentlich-rechtlichen Senders RBB, der sich auf einen Sprecher der Innenverwaltung bezog. „Weitere 128 Personen machen von der Möglichkeit Gebrauch kein Geschlecht anzugeben“, liest man beim Pleiteticker.

„Überwiegend Klientelpolitik“

„In Berlin kommen damit auf rund 3,85 Millionen Einwohner 270 Personen, die weder männlich noch weiblich sind, beziehungsweise kein Geschlecht angeben. Dies entspricht rund 0,007 Prozent der Stadtbevölkerung. 0,0037 Prozent der Berliner empfinden sich als divers. Damit drängt sich der Eindruck auf, dass die Ampel-Regierung mit ihrem Fokus auf Diversität und Gender-Politik überwiegend Klientelpolitik betreibt, die an den Problemen des ganz überwiegenden Teils der Bevölkerung vorbeigeht“, kommentiert das Reichelt-Portal.

Auf Reisepässen ist der Geschlechtseintrag „divers“ mit einem „X“ kenntlich gemacht. (Foto: Fennnn1/CC BY-SA 4.0 via Wikimedia Commons)

Bundesweit hatten bis Ende September 2020 nach Angaben des Bundesinnenministeriums 394 Personen den Eintrag „divers“ oder „ohne Angabe“ erhalten. Gut zwei Drittel davon gelten seitdem als „divers“. Auch 19 Neugeborene waren darunter. Elf Babys blieben „ohne Angabe“ des Geschlechts. Zwischen „männlich“ und „weiblich“ wechselten den Angaben zufolge 1191 Personen. Als nicht eindeutig männlich oder weiblich oder als transsexuell konnten damit im Herbst 2020 knapp 1600 Menschen gelten. Zumindest auf Grundlage des amtlichen Personenstands. Transsexuelle etwa, die ihren Geschlechtseintrag nicht ändern lassen, oder Intersexuelle, die als Mann oder Frau leben, fehlen freilich in dieser Statistik.

Riesiger Wirbel

In jedem Fall aber sind die offiziellen Zahlen um mindestens eine Größenordnung geringer als alle Schätzungen. „Ich halte es nicht für klug, so einen riesigen Wirbel um diese extrem kleine Minderheit zu veranstalten“, meint daher Martina Jost von der AfD-Fraktion im Dresdner Landtag. „Auch für viele Betroffene ist dieser Rummel wahrscheinlich eher abschreckend, als dass er ihnen hilft.“ Trotz der geringen Größe der Gruppe, kritisiert Jost, müssten die Bürger erhebliche Belastungen hinnehmen. Unisex-Toiletten etwa, die nach dem Willen mancher Aktivisten und Politiker die nach Geschlecht getrennten WCs ersetzen sollen. Oder die Gendersprache, die auch vermeintlich existierende „diverse“ Geschlechter sichtbar machen soll. Für Jost ist sie eine „Verunstaltung der deutschen Sprache“.

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